Obwohl Ludwig I. sehr um eine Rekatholisierung seines Königreiches bemüht war und trotz evangelischer Stiefmutter und evangelischer Gemahlin die Toleranz für die nichtkatholischen Denominationen nur insoweit zuließ, wie sie durch die Verfassung des Königreiches garantiert war, genehmigte er einen repräsentativen Bauplatz für die „Evangelische Kathedralkirche“, verlegte ihn aber vom Maximiliansplatz zu dem weniger vornehmen Karlsplatz (Stachus) in der Höhe Schwanthalerstraße/ Herzogspitalstraße. Ursprünglich sollte Leo von Klenze den Bau übernehmen. Doch Ludwig I. änderte seine Pläne und entschied sich für die Entwürfe des Baurates Johann Nepomuk Pertsch. Eine Beteiligung an den Baukosten aus seiner Privatschatulle verweigerte Ludwig. So verzögerte sich der Bau aus finanziellen Gründen auch nach der Grundsteinlegung am 28. Juli 1827 immer wieder. Erst am 25. August 1833, dem Namenstag Ludwigs I., konnte die Protestantische Kirche München, so ihre damalige offizielle Bezeichnung, eingeweiht werden. Für die angeheirateten evangelischen Mitglieder des Königshauses wurde St. Matthäus auch Hofkirche.
Der eingereichte Bauplan für den Bau der Mathäuskirche in der Sonnenstraße (damals Karlsplatz)
Das ist die Sonnenstraße 1860 vom Stachus aus gesehen. Ein früher Pferdetrambahn-Fan seiner Zeit mogelte in einer Kopie dieses Bildes eine Trambahn dazu, die 1877 durch die Sonnenstraße eröffnet wurde.
Die Sonnenstraße mit Mathäuskirche 1860. rechts vorne sieht man den Eingang zum Biergarten des Eustachius, dem Namensgeber des Stachus. Karlsplatz war der offizielle Namen, aber der namensgebende Karl war nicht so beliebt, also nannten die Münchner den Platz lieber Stachus.
Kein Thema ohne Trambahn-Bezug: vom Stachus zum Sendlingertorplatz verlief vor dem 2.Weltkrieg die Strecke an der Seite der Sonnenstraße.
Seltener Blick durch die Schwanthalerstraße Richtung Sonnenstraße mit der alten Matthäuskirche im Hintergrund. Parken war damals in der Fahrbahnmitte angesagt.
Auf Drängen Adolf Hitlers verfügte der NSDAP-Gauleiter in Oberbayern, Adolf Wagner, im Juni 1938 den Abriss der Kirche – angeblich um die Sonnenstraße auf Berliner Maße verbreitern zu können. Im Zuge der Straßenplanung sollte die Sonnenstraße zu einer sogenannten Prachtstraße nach Berliner Vorbild verbreitert werden. Außerdem plante Adolf Hitler den Bau einer U-Bahn für München. Die Kirche stand ihm schlichtweg im Weg und sollte Parkplätzen Platz machen. 1938 ließ Gauleiter Adolf Wagner auf Anweisung Hitlers die Kirche abreißen. Am Abend des 9. Juni 1938 wird der Pfarrer von St. Matthäus, Friedrich Loy, ins NS-Innenministerium geladen. Dort erfährt er, dass die Kirche sofort abgebrochen werden soll. Am 13. Juni gibt es einen Abschiedsgottesdienst in der überfüllten Kirche.
Architekt Gustav Gsaenger (1900 bis 1989) schuf mit der Kirche Sankt Matthäus eine für die damalige Zeit spektakuläre Sakralarchitektur mit einem asymmetrisch, kurvigen Grundriss. Gsaenger verwirklichte einen Zentralbau mit integriertem Pfarramt, Gemeinderäumen und einem freistehenden Glockenturm. Im Jahr 1955 fand die Einweihung der Kirche statt.
In Anspielung auf die geschwungene Nierenform ist Sankt Matthäus auch als „Christkindls Badewanne“ oder „Gottes Achterbahn“ weit über die Grenzen Münchens bekannt.