Die Vorgeschichte der Münchner Pferdebahn 1861 bis 1876
Die erste Pferde-Eisenbahn für Personentransport überhaupt fuhr zwischen Swansea and Mumbles in Wales ab dem 25. März 1807
1861
Im Jahr 1861 hatte der Lohnkutscher Michael Zechmeister hier ein Omnibusunternehmen eröffnet. Seine Pferdeomnibusse verkehrten auf drei Linien und deckten den Nahverkehrsbedarf der Münchner auf diese Weise. Das Unternehmen hielt sich mit wechselndem Erfolg bis 1882. In diesem Jahr stellte das Unternehmen mit einer Entschädigungszahlung der „Münchner Trambahn-Actien-Gesellschaft“ in Höhe von 15.000 Mark den Betrieb ein.
Mit den Ideen des deutsch-amerikanischen Ingenieurs S.A. Beer aus New York entstanden am 3. September 1861 auch in München die ersten Planungen für eine Pferdebahn auf Schienen. An diesem Tag reichte der Ingenieur seine Bitte für die Konzession einer Pferdetram beim Stadtmagistrat ein, welche auf Rillenschienen und mit Rädern ohne Spurkränze innerhalb der Stadtgrenzen verkehren sollte. Der Stadtmagistrat blockte dieses Ersuchen jedoch schnell ab, mit der Begründung, dass noch keine Stadt in Europa bisher eine Pferdebahn mit solcher Ausstattung habe und in München zudem überhaupt kein Bedarf für eine Trambahn bestehe.
1868
Einen neuen Vorstoß wagte 1868 in München eine Vereinigung von Magdeburger Ingenieuren mit der Bewerbung für die Planung einer Pferdetram.
Dieses Gesuch vom 2.Dezember 1868 zum Bau einer Pferdebahn in München war sehr detailliert und enthielt sehr klar gegliedert eine Aufstellung aller Kosten und Material, die dafür benötigt würden. Ebenfalls wurde in einem eigenen Kapitel die Finanzierung erklärt. man wollte mit 3 Linien und 60 Pferden beginnen, Stallungen bauen und Strecken legen. Im Januar folgte ein weiterer Prospekt dieses Komitees mit weiteren Erklärungen und Argumentationen.
Dieses Gesuch lehnte der Magistrat jedoch ebenfalls ab. Allerdings wurde das Thema Pferdebahn dadurch sehr nachhaltig angestoßen und letztlich doch weiter verfolgt.
Öffentlicher Nahverkehr in München in den Jahren 1868/1869
Am 23. Dezember 1868 beantragte der Lohnkutscher Zechmeister mit seinem Bruder die Konzessionierung dreier
Routen:
- Die klassische Trasse vom Bahnhof-Stachus-Marienplatz-Ludwigsbrücke
- Die Nord-Süd-Strecke von der Amalienstraße-Odeonsplatz-Theatinerstraße-Marienplatz-Rindermarkt-Viktualienmarkt-Gärtnerplatz-Fraunhoferstraße.
- Die Ost-West-Parallele von der Maximiliansbrücke-Maximilianstraße-Dienerstraße-Marienplatz- Sendlinger Straße-Sendlinger-Tor-Platz.
Am 2. Januar 1869 erhielt Zechmeister die polizeiliche Genehmigung und konnte am 14. Januar die Strecke 1 mit 20-Minutenbetrieb von 8.00~20.30 eröffnen. Einheitsfahrpreis waren jetzt 3 kr =; 1 Groschen. Am 18. März konnte die Strecke 2 mit 30-Minutenbetrieb folgen, auch die Streck’e 1 wurde auf diesen Abstand umgestellt. Am 21. April kam es wieder zum 20-Minutenverkehr.Erst am 14. Oktober 1869 gelang die Einrichtung der Linie 3, es mußten wohl erst aus den Einnahmen der anderen Linien neue Fahrzeuge und Pferde beschafft werden. Die neuen Wagen waren einfache, große, dunkelgrün gestrichene Kastenwagen mit drei Fenstern
beiderseitig und weißen Richtungsschildern.
1869
„Die königliche Haupt- und Residenzstadt München, berühmt durch ihre Kunstschätze und Sehenswürdigkeiten erfreut sich nicht nur einer großen
Ausdehnung, sondern sieht auch der Entwicklung und Vervollkom̅nung nach allen Richtungen entgegen. München steht in der ersten Reihe der deutschen Großstädte, wie in vielen großen Städten hat sich auch hier das Bedürfniß eines rascheren und billigeren Verkehrsmittels herangedrängt. Der von Tag zu Tag sich steigernde Verkehr, die überraschende Zunahme der Bevölkerung auf hiesigem Platze, der starke Besuch von Fremden, – alle diese Thatsachen sprechen für die Nothwendigkeit des Instituts einer Pferde-Eisenbahn.„
Diese Text findet sich in den Münchner Archiven in Bezug auf die Einführung einer Pferde-Eisenbahn in der Residenzstadt.
Dabei schaute München natürlich auf andere Großstädte in Deutschland: Die im Mai 1864 gegründete „Berliner Pferdeeisenbahn-Gesellschaft E. Besckow KGaA“ nahm den Betrieb zwischen Berlin und Charlottenburg im Juni 1865 auf und betrieb Ende 1865 bereits 24 Linien mit 192 Wagen, konnte sich aber aufgrund unzureichender Betriebsergebnisse nicht halten. 1864 folgte die Gründung der „Hamburger Pferde-Eisenbahn-Gesellschaft“ als Aktiengesellschaft. Ab August 1866 wurde regelmäßig die Strecke Hamburg – Wandsbek bedient, im Juni 1867 eine Linie nach Barmbek. Es folgten Pferdebahnen in Stuttgart im Februar 1868.
Am 8.März 1869 schreibt der Bürgermeister …..“wir ersuchen ferner um baldige Rückäußerung über Anschluß des jenseitigen Referenten an die abgeordnete Com̅ission für die Besichtigung der Pferdebahn in Stuttgart.“
Als eine Kommission des Münchner Magistrats zusammen mit dem Stadtbaurat Arnold Zenetti 1869 die Bahn in Stuttgart besichtigte und nach fachkundiger Beratung zu dem Schluss kam, dass die Stadt Stuttgart mit ihren sechzig Fuß breiten Straßen und schmalen Trottoirs bessere Voraussetzungen für Pferdebahnen als München habe. Allerdings einigte der Stadtmagistrat sich darauf, den Bau einer Linie, die außerhalb der Stadt verkehrte, an das Konsortium zu vergeben. Die Strecke sollte vom Bahnhof zur Isar über das Sendlinger Tor mit Abzweigen nach Schwabing und Nymphenburg verlaufen. Weiterhin war der Bau einer Zirkelbahn um den südöstlichen Teil der Altstadt in Planung. Da das Magdeburger Konsortium, 100.000 Gulden als Sicherheit für die Stadt hinterlegen musste, beauftragte man den Bankier Wild mit der Finanzierung des Unterfangens. Dieser brachte vehement auch seine eigenen Vorschläge mit in die Planungen für die Pferdebahn ein und stieß auf Ablehnung beim Magistrat.
Dem Bericht ist dieses Bild beigelegt der Stuttgarter Pferde-Eisenbahn vom 28. Juli 1868: Eröffnungstag der Stuttgarter Pferdebahn
Die Pferdebahn ist Hauptthema in den Zeitungen dieser Zeit. Es werden die Vor- und Nachteile ausgiebig diskutiert und und der Magistrat kritisiert oder gelobt. Dabei sind alle von dem Sinn der Pferdebahn überzeugt, allerdings ist die Streckenführung ein ewiger Zankapfel wie in diesem Artikel vom 9.April 1869.
Um diese Zeit verkehrstechnisch einzuordnen, muss man die begleitenden Umstände berücksichtigen. Da ist zum einen die Dampfeisenbahn, die damals schon von München nach Augsburg und weiter bis Stuttgart und Nürnberg fährt und 1871 geht auch der Münchner Südring und die neue Strecke nach Salzburg und Wien über den Ostbahnhof in Betrieb. Man ging davon aus, dass die Dampfeisenbahn den Fernverkehr abdeckt, und die Pferde-Eisenbahn den innerstädtischen Verkehr, also Personenverkehr ebenso wie den innerstädtischen Güterverkehr.
Zudem gab es Ender der 1860er-Jahre und Anfang der 1870er-Jahre in Bayern eine 4. Cholerawelle, der viele Menschen zum Opfer fielen. Auch tobte der Deutsch-Französische Krieg von 1870 bis 1871.
1870
Im Jahr 1870 gab es dann auch schon erste Eckpunkte für eine mögliche Münchner Pferde-Eisenbahn. Es wurde Strecken angedacht und Baukosten sowie Betriebskosten kalkuliert. Daraus entstand eine Art Pflichenheft. wie wir es heute nennen würden, nachdem sich Firmen um den Betrieb einer Pferde-Eisenbahn in München bewerben konnten.
1872
In München machte sich die Gründerzeit auch durch zahllose Pferdebahngesuche bemerkbar. 1872 lagen allein zwölf Gesuche vor. Der Stadtmagistrat setzte sich wieder ernsthaft mit dem Bau eines leistungsfähigen
Verkehrsmittels für das immer weiter wachsende München auseinander, da durch die Industrialisierung und das Bevölkerungswachstum die Einwohnerzahlen
Münchens in den 1870er Jahren auf circa 200.000 stiegen. Die Zunahme von Industrie, Gewerbe und Handel zwischen 1830 und 1890 führte insgesamt zu einer Verfünffachung der Einwohnerzahl Münchens von 78.000 auf 350.000 Personen.
Im Jahr 1872 beauftragte der Magistrat den Ingenieur Joseph Reuß um ein Gutachten für eine Pferdebahn in München. Hier ein Ausschnitt des Resumes des Vortrages vor dem Magistrat.
Die Stadt München schickte erneut ihren Stadtbaurat Zenetti nach Dresden, Elberfeld und Hamburg, um die Straßenbahnsysteme zu begutachten. Er befürwortete nach der Besichtigung den Bau einer Pferdebahn in München, wobei die Altstadt umfahren werden und unbedingt ein zweigleisiger Streckenbau angestrebt werden sollte, damit die Pferdebahnwagen nicht umständlich umgesetzt werden müssten
Arnold Zenetti, ab 1890 Ritter von Zenetti, (auch Arnold von Zenetti; * 18. Juni 1824 in Speyer; † 2. September 1891 in München) war ein deutscher Architekt und Münchner Baubeamter (Vorstand des Stadtbauamtes).
Auch der Magistrat befürwortete im Jahr 1872 „das Eingehen auf die
Pferdebahnfrage“ mit dem Hinweise auf das Gefühl der Unzulänglichkeit der
damals vorhandenen Verkehrsmittel, auf das Verlangen nach rascheren,
geregelteren und vor allem wohlfeileren Transport-Einrichtungen
Als Resultat von verschiedenen Reisen des Stadtbaurates Zenetti in Städte, die bereits eine Pferdebahn hatten, formulierte er eine erste Aufstellung für Bedingungen einer Pferdebahn in München.
Presseschau aus dem Jahr 1872
Am 3.Mai 1872 erscheint in der „Nürnberger Presse“ eine Glosse zum Unterscheid zwischen Nürnberg und München in der Pferdebahnfrage.
Der Publizist und Schriftsteller C.A. Dempfwolf (1833 – 1873) schreibt 1872 einen Kommentar in der Münchner Gemeindezeitung“ zu den Verzögerungen bei der Pferdebahn in München.
1873
1873 ist man sich soweit einig, dass man eine Ausschreibung macht, um einerseits die immer wieder hereinkommenden Angebote für eine Pferde-Eisenbahn zu bündeln und andererseits gleiche Voraussetzungen für die Bieter zu erreichen. Das alles geschieht letztlich auch mit dem Segen des Königs von Bayern.
Damals sind die Zuständigkeiten für eine Pferde-Eisenbahn noch etwas undurchsichtig. Der Magistrat hat das Sagen, allerdings muss der König zustimmen, das Stadtbauamt will mitreden und die Polizei bei den Regeln Bedingungen stellen.
Im Januar 1873 wurde der mit dem Hofrat Dr. Simmerl ausgearbeitete Vertragsentwurf vom Stadtmagistrat genehmigt. Aber offenbar hatte man es mit der weiteren Bearbeitung nicht allzu eilig: Erst nach vier Monaten besaß die Kgl. Polizeidirektion als Aufsichtsbehörde die Unterlagen und dort kam die Bürokratie voll zur Entfaltung. Die Akten wanderten in irgendeine Schublade und erst ein knappes Jahr später gab die Polizeidirektion eine Stellungnahme ab, nämlich, dass „vom straßen- und verkehrspolizeilichen Standpunkt gegen eine technische Ausführung einer Pferdebahn keine Erinnerung bestünde.“ Aber man hatte erhebliche Einwände: „Dagegen kann eine Ausdehnung besagter Pferdebahnlinien in das Innere der Stadt aus verkehrstechnischen Gründen nicht zugelassen werden, da sich in diesen Stadtteilen eine große Zahl von Industriellen niedergelassen hat, denen Tag für Tag große Quantitäten Waren auf umfangreichen Transportmitteln zugeführt werden und da ferner die Straßenkörper noch zu speziellen Verrichtungen wie Holzmachen, Entleerung von Abortgruben oder Beladen von Möbelwagen ununterbrochen in Anspruch genommen werden müssen.“ Daraufhin entbrannte im Magistrat ein Streit über die Linienführung der Bahn und das Jahr 1874 verging ohne weitere Fortschritte, obwohl auch schon Kaufleute an die Vorteile einer Pferdebahn und an die Auflockerung der Innenstadt durch Erschließung neuer Wohngebiete erinnerten.
Hier eine Zusammenstellung der 6 konkurrierenden Unternehmern für Errichtung einer Pferde-Eisenbahn in München, die auf die vom Stadtmagistrat aufgestellten Bedingungen antworteten:
Ing. Rob. Hammond aus London
Ing. J. Büsing der Pferde-Eisenbahn Gesellschaft in Berlin
Arnold von Etlinger in Berlin
Int. Pferde-Eisenbahngesellschaft Berlin
Godden Julius & Genossen Brüssel
Bureau b. Mollerus und Dr. Zechmeister
Bei der genaueren Durchsicht der Bewerber fällt auf, dass der später zum Zuge gekommene Brüsseler Edouard Otlet nicht dabei ist. Der Magistrat kann sich für keines Angebote erwärmen und das Projekt droht, wieder in der Schublade zu verschwinden. Allerdings hielt man weiter nach Bewerbern Ausschau.
Im Jahr 1873 lebten 3.481 Pferde innerhalb der Stadtgrenzen, von denen 2.407 für „gewerbliche oder Verkehrszwecke“ eingesetzt wurden. Das bedeutet, dass von einem Verhältnis Pferd zu Mensch, bei einer Einwohnerzahl von circa 170.000, von 1:48 auszugehen ist.
1874
Aus dem April 1874 sind diese Pläne einer gedachten Gleislage der Pferde-Eisenbahn für München. Es sind somit die ältesten Gleispläne in unserem Archiv von München. Man ging damals schwungvoll an die Planungen: es gab keinen nennenswerten Fuhrwerksverkehr in München, das vorherrschende Verkehrsmittel waren Fußgänger und Handkarren. Diese ersten Planungen haben nur einen Haken; sie wurde nie gebaut.
In der „Pferdebahnfrage“ scheint im Jahr 1874 Stillstand zu herrschen: in den verantwortlichen Gremien wird allerdings heftig weiter argumentiert, wie man in den Berichten aus den Plenarsitzungen dieses Jahres lesen kann.
Den Münchner Neuesten Nachrichten war die Pferdebahn-Frage am 5.April 1874 sogar ein Sonderblatt wert. Man läßt sich seitenlangen Artikeln über die Laufruhe der Wagen aus, die engen Kurven, die gefahren werden können und die Bequemlichkeit für alle Bevölkerungsschichten, sich in der Stadt bewegen zu können. Allerdings werden auch die Gefahren scheuender Pferde nicht vernachlässigt ebenso wie Behinderungen durch Feuerholz-Schlagende Hausbesitzer, die den Fahrverkehr stören könnten.
1875
Im Frühjahr 1875 wird in einer Glosse in der Gemeindezeitung recht deutlich formuliert, was der Münchner über die langen Verzögerungen bei der Errichtung einer Pferdebahn hält.
Ein weiterer Versuch eines neuen Konsortiums, darunter auch Dr. Zechmeister, der Sohn des Omnibusunternehmers, dessen Netz sich mittlerweile auf fünf Linien vergrößert hatte, scheiterte 1875 an diversen technischen und finanziellen Schwierigkeiten. Die Stadt war nun misstrauisch gegenüber einheimischen Unternehmern geworden, die sich für das Projekt anboten, und die Wahl fiel vorerst auf zwei ausländische Bewerber, zum einen die Société Générale des Tramways in Brüssel und zum anderen der Ingenieur Edouard Otlet, ebenfalls aus Brüssel. Letzterer konnte schon auf die erfolgreiche Inbetriebnahme von Pferdebahnen seines Systems in Prag und Wiesbaden verweisen.
Im Februar 1875 kommt über einen deutschen Vermittler ein Angebot von Edouard Otlet in München an, das sehr genau auf die gestellten Bedingungen eingeht und vom Magistrat geprüft wird.
Langsam formen sich die Pläne der verschiedenen projektierten Strecken. Die Innenstadt bleibt weiter tabu für eine Pferdebahn:
….“Für den Fall, daß die Führung der Pferdebahn in die Stadt durch das Karlsthor und die Neuhauserstraße bis in die Weite Gasse nicht sollte genehmigt werden, bin ich von Herrn Otlet beauftragt, zu erklären, daß derselbe bereit ist und sich verpflichtet, die Bahn über den nördlichen Theil des Karlsplatzes durch die Pfandhausstraße und auf der südlichen Seite des Promenade Platzes bis zur Maffeistrasse, wohin die Endstation zu stehen kommen würde, von da aber zurück auf der Nordseite des genannten Platzes zu führen, welchem Projekte ein Hinderniß nicht entgegen stehen dürfte, da der Promenadeplatz zu beiden Seiten der dortigen Anlage Raum genug bietet, zumal wenn die beiden neben der Anlage hinlaufenden Trottoris beseitigt würden, was um so leichter geschehen könnte, als das Publikum meist die beiden breiten Trottoirs entlang der dortigen Häuserreihen oder die durch die Anlage führenden Wege, jene dagegen fast gar nicht benutzt, daher dieselben vollständig entbehrlich sind.“….
In der Eingabe vom 10. Februar 1875 an den Magistrat liegt ein Plan mit der Endstation Promenadeplatz für die Pferdebahn. Der wohl älteste verwirklichte Gleisplan der Münchner Trambahn.
Der westliche Endpunkt der ersten Pferdebahnstrecke war der damalige Burgfrieden, also die Stadtgrenze von München in der Nymphenburgerstraße etwa auf der Höhe der heutigen Maillingerstraße.
Rauschen im Blätterwald: die Entscheidung des Magistrats, wer nun eine Pferdebahn in München bauen kann, wird von der Presse mit höchstem Interesse begleitet und die LeserInnen umfänglich informiert. Unser Zeitungsausschnitt ist aus der Ausgabe des 16.März 1875 der Gemeindezeitung.
In den Unterlagen, die ich zum Thema Pferdebahn durchsucht habe, sind Originaldokumente von H. Otlet selbst sehr selten, meist agiert er über Abgesandte. Hier ein Originalbrief von 1875 mit Unterschrift.
1876
Im Jahr 1876 wird die Reichsbank gegründet und die Reichsmark wird Zahlungsmittel in allen Bundesländern. Konrad Adenauer wird geboren und die Schlacht um Big Horn in den USA findet statt, genau 100 Jahre nach der Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika. In Bayreuth wird das Opernhaus eröffnet. In dieses Umfeld fällt auch die Eröffnung der ersten Pferdebahn in München.
Stimmungsbild aus dem Pferdebahn-Ausschuss im Magistrat
Am 26. März 1876 schloss der Münchner Bürgermeister von Erhard mit Otlet einen noch zu genehmigenden Vertrag durch den Magistrat ab. Otlet erhielt eine Konzession auf 30 Jahre, wobei ein Liniennetz, bestehend aus zwei Linien, durch die Stadt geführt werden sollte.
- Die West-Ost-Linie: Nymphenburger Schlossallee – Neuhausen – Nyphenburger Straße – Stiglmaierplatz – Dachauer Straße – Bahnhofplatz – Karlsplatz – Sendlinger-Tor-Platz – Müllerstraße – Fraunhoferstraße – Klenzestraße – Gärtnerplatz – Rumfordstraße – Zweibrückenstraße – Ludwigsbrücke – Rosenheimer Straße – Bahnhof Haidhausen (heute: Ostbahnhof)
- Die Nord-Süd-Linie: Großer Wirt Schwabing (heute Münchener Freiheit) – Schwabinger Landstraße (heute: Leopoldstraße) – Ludwigstraße – Odeonsplatz – Brienner Straße – Lenbachplatz – Karlsplatz – Bahnhofplatz – Bayerstraße – Hackerberg (Theresienhöhe)
Außerdem war ein Betrieb im 10-Minuten-Takt vorgesehen, wobei an den Bahnhöfen stets Anschluss zu den Zügen gewährleistet sein sollte. Die Stadt München beanspruchte für die Benutzung städtischen Grundes 1% der Bruttoeinnahmen. Am 20. Mai 1876 erteilte König Ludwig II. die Konzession und am 23. Juni 1876 wurde der Vertrag unterzeichnet. Schon im Juli begannen die Bauarbeiten für die erste Teilstrecke vom Promenadeplatz zur Nymphenburger Straße, wobei an den Endpunkten keine Kehrschleifen, sondern nur Umsetzgleise vorgesehen waren.
Am 20. Mai 1876 unterzeichnete König Ludwig II. die Urkunde und gestattete den Pferdebahnbetrieb. Am 23. Juni 1876 fand die
Vertragsunterzeichnung mit der Gemeinde München statt, sodass im Juli die Bauarbeiten beginnen konnten.
So eine erste Pferdebahn muss erst mal gebaut werden. Die Münchner verfolgen die Arbeiten an der Strecke in den verschiedenen Zeitungen der Stadt. Dort wird auch über Anzeigen diverses Material für den Bau und Betrieb der Pferdebahn gesucht.
Ausgabe 9.Juli 1876 der „Neuesten Nachrichten“
Das Direktionsbüro Otlets lag vom Sommer 1876 bis 28. Mai 1877 im Cafe Metropol am
Frauenplatz. Dann wurde es in den ersten neuen Trambahnhof in der Nymphenburger~
Straße verlegt.
Eine Pferdebahn war damals natürlich ein Ereignis in der Stadt und so brachten die Zeitung viele Vorberichte zu diesem neuen Verkehrsmittel.
Ein paar Einschränkungen durch die Pferdebahn veröffentlicht die Polizeidirektion.
Am 20.Oktober 1876 kam die Einladung zur Probefahrt:
„Heute Mittags findet die Besichtigung der Pferdebahn statt.
Die Zusam̅enkunft erfolgt Mittags 2 Uhr auf dem Promenadeplatz.
Ich lade die verehrlichen Mitglieder des Pferdebahn Ausschußes ein sich
gefälligst an dieser Besichtigung zu betheiligen.
II. Beschluß.
Nach den Bestim̅ungen der Conceßions-Urkunde ist die Eröffnung des
Betriebes der Pferdebahn von der Genehmigung Eines H. St. M. abhängig.
Heute Nachmittag 2 Uhr findet die Besichtigung und Prüfung der Bahn durch
eine Com̅ission des St. M. u. der k. P. Direktion statt.
Da der Unternehmer Otlet morgen schon die Bahn dem Betriebe zu eröffnen
gedenkt, so gestatten wir uns die besteht Bitte unter der Bedingung, dem
Vorbehalte der nachträglichen Einholung der höchsten Genehmigung die
Betriebseröffnung zu gestatten.„
Münchener Neuesten Nachrichten“ vom 22. Oktober 1876:
„Heute Vormittag 10 Uhr fand die feierliche Eröffnungsfahrt der Münchener Tramway Ed. Otlet statt. Auf dem Promenadeplatz hatte sich eine speziell geladene Gesellschaft, bestehend aus dem 1. Bürgermeister, dem kgl. Polizeidirektor von Feilitzsch~ verschiedenen Mitgliedern der städtischen Kollegien, Beamten, Journalisten, Technikern etc. eingefunden. Es rollten sieben mit sehr hübschen mutigen Pferden bespannte elegante Waggons heran, in welche sich die Versammlung verteilte. Die Signalpfeifen der sechs in blauer Uniform gekleideten Conducteurs ertönten und die Fahrt begann. In ca. 20 Minuten hatte der Zug sein Ziel, die Endstation an der Burgfriedensgrenze an der Nymphenburger Straße, erreicht. Nach raschem Umspannen der Pferde erfolgte sofort die Rückfahrt auf dem Nebengleis und langte der Zug kurz vor 11 Uhr wieder auf dem Ausgangspunkte an. Als um 11 Uhr sodann der allgemeine Bahnbetrieb seinen Anfang nahm, waren die sämtlichen Waggons von dem zahlreich versammelten Publikum sofort sehr rasch besetzt.“
Im ganzen wurden am ersten Tage 5092 Fahrgäste befördert, woraus sich eine Tageseinnahme von 568 Mark ergab.