Bei der Recherche zu den Münchner Kreuzungen der Trambahn mit Industriegleisen, Brücken und Unterführungen mit der Eisenbahn oder Straßenzügen dürfen auch nicht die Isarbrücken fehlen, vor allem, weil einige von Trambahnen befahren wurden oder sogar noch befahren werden. Da wir bei den Isarbrücken der Vollständigkeit halber doch dann auch alle Isarbrücken im Stadtgebiet aufzählen, ist bei den genauen Recherchen eine interessante bisher noch nie prominent erwähnte Isarbrücke zwischen der Reichenbachbrücke und der Wittelsbacherbrücke aufgetaucht. Es war eine Hilfsbrücke, wie wir sie schon öfter bei Renovierungen oder Neubau erlebt haben. 1964 wurde die Reichenbachbrücke verbreitert und saniert und so hat man diese Hilfsbrücke geplant & umgesetzt.
In einer Dienstbesprechung des Stadtrats am 28 .11 .1963 wurde die Frage des Ausbaues und der Verstärkung der Reichenbachbrücke zwischen allen beteiligten
städtischen Dienststellen behandelt . Dabei ergab sich die Notwendigkeit, während der Dauer der völligen Sperre der Reichenbachbrücke zur Verhinderung eines Verkehrszusammenbruches eine Behelfsbrücke südlich der Reichenbachbrücke zu erbauen.
Dazu setzte sich der Stadtdirektor Dr. Wunderer mit dem Standortkommandanten der Bundeswehr Herrn Oberst Waldemar Mayer, der in Gesprächen mit dem Oberst Langenstraß der Pionierschule in München und Oberst Strotz in Verbindung. Die Planungskommission der Baubehörde München beschloss am 10.Januar 1964, eine einspurige Behelfsbrücke aus dem Bestand der Obersten Baubehörde durch die Pioniere der Bundeswehr erstellen zu lassen. am 13.Januar 1964 hat der Oberbürgermeister Vogel in einer dringlichen Anordnung diesem Projekt zugestimmt, auf der Stadtratssitzung vom 29.Januar 1964 wurde der Baumaßnahme der Behelfsbrücke auf der Höhe der Klenzestraße über die Isar zugestimmt.
Der Straßenverkehrs- und Polizeiausschuss merkt am 6.Febraur 1964 an, dass man in Rosenheim umgehend eine zweispurige über den Inn installieren konnte, das müsse auch in München möglich sein. Obwohl der Bürgermeister Brauchle darauf hinwies, dass es sich ja nur um einen 3-Monatsersatz handle, wurde der Stadtbaurat Sperber gebeten, doch bei der Bundeswehr nachzufragen, ob man nicht doch 2 Brücken aufbauen könnte. Obwohl sich der Oberbürgermeister Vogel auch direkt an den damaligen Verteidigungsminister von Hassel wendet, scheitert der Bau einer zweiten Fahrbahn an dem Manövereinsatz der dazu abzustellenden Soldaten.
Auf dem Schulweg konnten die 3 Schuljungs am Mittwoch, den 29.Januar 1964 schon sehen, wie die Pioniere der Bundeswehr die erste Fundamente für die Stützen der zukünftigen Hilfsbrücke legen.
Ein fleißiger Mitarbeiter des Münchner Bauamtes hielt den Aufbau dieser Brücke auf mehreren Negativstreifen fest, die wir euch hier gerne zeigen: Auf der Höhe der Klenzestraße ist heute noch zu sehen, dass die Isarböschung keinen Baumbestand hat, denn hier war der provisorische Brückenkopf. Die Brücke endete auf dem anderen Isarufer bei der Stadtgärtnerei.
Am 7.Februar 1964 wird dann die Brücke mit einem großen Kran der Bundeswehr auf die Stützen gehoben.
Gegen Abend können die Münchner Baustellegucker schon eine fast fertige Brücke sehen. Es fehlt nur noch der Belag.
Betrieb auf der Hilfsbrücke: die Brücke wurde am 2.März 1964 um 9 Uhr ohne große Feier im Einbahnbetrieb von Westen nach Osten eröffnet. Die Auswahl der Autotypen auf den Bildern ist 60er-Jahre pur.
Kaum eröffnet, schon Probleme: die Süddeutsche Zeitung vom 3.März 1964 berichtet von Lärmproblemen wegen der nur lose verlegten frischen Holzbohlen auf der Brücke, die sich beim beginnenden Autoverkehr sofort verzogen hatten.
Bis man eine Lösung findet, ordnet der Oberbürgermeister an, die Brücke nachts von 20 Uhr bis 6 Uhr zu sperren. Am 5.März 1964 weiß die Münchner Abendzeitung von einer Lösung des Lärm-Problems bei dieser Hilfsbrücke an der Klenzestraße zu berichten. Zuerst dachte man Teerung, was aber nicht möglich war. Aber einen interessanten Aspekt sollte man beim Bau dieser Brücke auch beachten: die enorm engen Zeitabläufe von Entscheidung bis Umsetzung und auch Abhilfe von Problemen. Man löste damals Probleme und bejammerte sie weniger.
Für 4 Monate gab es diese Brücke, bevor sie wieder von den Pionieren der Bundeswehr abgebaut wurde und beim Bauamt für weitere Einsätze eingelagert wurde. Das war also die am kürzesten bestehende Isarbrücke Münchens und ihre reich bebilderte Geschichte. Auch ein Teil der Geschichte Münchens.
Kuriosum am Rande
Ausgabe vom 8.Juli 2011
„Die Stadt plant eine neue Brücke über die Isar – allerdings nur für Fußgänger und Radler. Für diesen Steg auf Höhe der Klenzestraße soll der Stadtrat kommende Woche einen Planerwettbewerb beschließen. Da wächst zusammen, was zusammengehört.
Bislang haben die Münchner auf einer Länge von 840 Meternzwischen Reichenbachbrücke im Norden und Wittelsbacherbrücke im Süden keine Möglichkeit, den Fluss zu überqueren. Dabei befindet sich im Westen mit dem Glockenbachviertel und seinen 200 Einwohnern pro Hektar (100 mal 100 Meter) eines der am dichtesten besiedelten Quartiere fast ohne Grün. Und im Osten lockt die Wiese am neuen, lauschigen Nebenarm der Isar. Kein Wunder, dass die Idee einer Brücke an der Klenzestraße schon seit den 80er-Jahren existiert.
Im Westen soll die Brücke an die Klenzestraße anschließen, wo Spaziergänger und Radler an einer neuen Ampel sicher die Wittelsbacherstraße queren können. Das Bauwerk wird sich auf einen Pfeiler in der Weideninsel stützen, eine Treppe soll es aber nicht geben. Am Ostufer könnte der Steg am städtischen Gartenbaubetrieb an die Schlottenhauerstraße anschließen. Damit überspannt die Brücke 90 Meter Isar und 60 Meter Hochwasserwiese.„
© Götzfried/TZ