Die Königlich Bayerischen Staatseisenbahnen nahmen den Bahnhof 1901 als Endpunkt einer Lokalbahn für den Güterverkehr aus Moosach über Milbertshofen in Betrieb. Am Endpunkt der Strecke wurde der Bahnhof Schwabing eingerichtet, der neben dem gleichzeitig eröffneten Bahnhof Milbertshofen der erste größere Güterbahnhof im Münchner Norden war. In den folgenden Jahren entstand um den Bahnhof ein Industriegebiet, das durch Gleisanschlüsse erschlossen wurde. Am 4. März 1902 wurde die Lokomotiven- und Maschinenfabrik J.A. Maffei in der Hirschau über ein drei Kilometer langes Anschlussgleis mit dem Bahnhof Schwabing verbunden, wodurch es zu einem Anstieg des Güterverkehrs kam. Am 5. Juni 1909 eröffneten die Bayerischen Staatsbahnen eine weitere Lokalbahn vom Bahnhof München Ost über Johanneskirchen und Freimann zum Bahnhof Schwabing, die ebenfalls von Norden in den Bahnhof eingeführt wurde. Nördlich des Bahnhofs Schwabing entstand dabei ein Gleisdreieck mit der Bahnstrecke Moosach–Schwabing, wodurch der Münchner Nordring geschlossen und eine Umfahrung des Schwabinger Bahnhofs ermöglicht wurde.
Auch an der Wende des 19. zum 20.Jahrhundert konnten Planungen schnell eingedampft werden: der Plan vom April 1900 zeigt einen großen Bahnhof mit 20 Gleisen und einer kleinen Drehscheibe im Osten sowie einem Ladehof, der mit Lagerhäusern bis an die Leopoldstraße reicht.
Schon die Planungszeichnung im Mai 1900, also einen Monat später, zeigt die deutlich abgespeckte Version, die auch weitgehend so umgesetzt wurde. Da es sich um eine Lokalbahn handelte, hat die Bayerische Staatsbahn den Bau an die Bedingung geknüpft, dass die von der Eisenbahntrasse betroffenen Grundstückseigentümer Teile ihrer Liegenschaften unentgeltlich an die Bahngesellschaft übergeben müssen, da sie ja auch einen Nutzen aus dem Gleisanschluss ziehen würden. Durch die nun schlankere Gleisplanung des Schwabinger Güterbahnhofs war sogar noch Platz für einen Sportplatz zwischen dem westlichsten Gleis der Bahnhofsanlage und der Leopoldstraße.
Das ist wieder mal ein kurioses Bild mit einer ebenso kuriosen Geschichte. Wir sehen den FC Bayern spielen. Nachdem der Platz an der Clemensstraße der Wohnbebauung hatte weichen müssen, spielte man kurzzeitig wenige hundert Meter nördlich an der Karl-Theodor-Straße und zog dann 1907, mittlerweile unter Präsident Angelo Knorr an die etwas weiter östlich gelegene Leopoldstraße um. Eingeweiht wurde dort dann die erste Tribüne auf einem Fußballplatz in München. Und eigentlich hieß der FC Bayern noch gar nicht so, sondern war seit 1919 die fusionierte Fussballabteilung des TuSpV Jahn München, – Schwamm drüber, man spielt hier gegen Wacker München und wir sehen im Hintergrund den Schwabinger Güterbahnhof, – fast hätten wir das Thema vergessen.
Noch eine Anekdote der Zeitgeschichte: Diese Dampflok der Reichsbahn 98 517 wurde für den Hilfsbahnbetrieb zwischen Odeonsplatz und Nikolaistraße auf der Ludwigstraße und Leopoldstraße ab Dezember 1944 bis April 1945 eingesetzt. Wie kommt eine Dampflokomotive auf die Leopoldstraße? Natürlich über den Schwabinger Güterbahnhof. Dort wurde sie vom Reichsbahnausbesserungswerk Freimann hingefahren und dann am 21. Dezember 1944 umgesetzt.
“ An die Städtischen Verkehrsbetriebe Max-Weber-Platz:
Erbitten wegen der Überführung des Dampflokzuges nach Ludwigstraße um die Entsendung eines Vertreters zwecks Sperrung des Straßenbahnverkehrs in der
äußeren Leopoldstraße ca. 14 Uhr zum Bahnhof Schwabing am 21.12.1944.„
In den 1950er Jahren setzte die Deutsche Bundesbahn im Bahnhof Schwabing für den betrieb ganztägig eine eigene Rangierdampflokomotive der Baureihe 54.15 ein. Ab und zu kam auch eine kleine KÖF mit Güterwagen vorbei.
Im Winter 1971 hat die Dampflok BR 52 einen neuen Kohlezug zum Güterbahnhof Schwabing gebracht.
Die Wagen der Kohlezüge wurden in kleinen Gruppen dann weiterverteilt auf die Anschlußgleise, hier eine Fahrt zum Kraftwerk am Schwabinger Krankenhaus. Das Schwabinger Krankenhaus wurde von seiner Fertigstellung 1912 an bis 1972 mit Kohle über ein Stichgleis vom ehemaligen Schwabinger Güterbahnhof durch die Heckscherstraße quer über die Leopoldstrasse versorgt.
Links die Baustelle der Hotels „Holiday Inn“, das inzwischen schon wieder abgerissen ist.
Die Züge wurden von einer Dampfspeicher-Lok der Stadtwerke München gezogen, die ihre Füllungen aus dem Heizwerk des Krankenhauses bezog und damit einige Stunden abgasfrei zwischen den Wohnhäusern die Kohlewagen befördern konnte. Bei der Lok handelt es sich um eine Dampfspeicher-Lok der Fa. Krauss & Comp. München Baujahr 1912. Dampfspeicherlok bedeutet, dass Dampf aus einer stationären Anlage (hier das Heizkraftwerk des Krankenhauses) mit hohem Druck zusammen mit heißem Wasser (auch aus dem Heizkraftwerk) in dem Kessel der Lok gespeichert wurde. Diesen so gespeicherten Dampf konnte man über längere Zeit genauso, wie in einer normalen Dampflok, zum Antrieb nutzen, da das heiße Wasser bei Entnahme von Dampf und damit leichtem Absinken des Drucks wieder neuen Dampf erzeugte. Bei der kleinen Lok konnte man damit sicher das Tagespensum zwischen Krankenhaus und Schwabinger Güterbahnhof mit den Kohlezügen bewältigen. Abends wurde die Lok dann an dem vorne sichtbaren Stutzen mit heißem Wasser und Dampf wieder aufgeladen. Im Lokschuppen befand sich der entsprechende Anschluß ans Heizkraftwerk.
Heute ist hier genau die Haltestelle „Münchner Tor“ der Linie 23. Der Kohlezug kommt zur Leopoldstraße.
Im April 2018 sah es hier schon wieder ganz anders aus: die neue Trambahnhaltestelle entsteht.
Die Linie 23 kommt stadteinwärts zur Münchner Freiheit. Damals war hier noch keine Haltestelle. Rechts war der große Parkplatz der Metro, links die Baustelle des neuen „Münchner Tors“.
Hier hat der Zug die Leopoldstraße überquert und kommt in die Heckscherstraße.
Am 29. Februar 1972 wurde der Gleisanschluss zum Städtischen Elektrizitätswerk aufgegeben. Die letzten Fahrten wurden mit der geschmückten Lok gefahren. Heute steht die Lok fahrbereit in Eisenbahnmuseum in Nördlingen.
Im April 2018 wurden die alten Schienen aus der Heckscherstraße entfernt. Es waren auch Rillenschienen, allerdings mit dem breiteren Bahn-Profil. Damit ist die Strecke auch Geschichte.
Mit dem weiteren Rückgang des Güterverkehrs wurde der Betrieb am Bahnhof München-Schwabing bis 1980 größtenteils eingestellt und die Gleisanlagen 1982 zurückgebaut. Das alte Bahnhofsgebäude wurde vermietet und an der Seite zur Leopoldstraße entstand der „C&C Großmarkt Hurler“ nur für Wiederverkäufer.
Zuletzt wurde bis zum 31. Oktober 1987 nur noch ein Gleisanschluss zur Lagerhalle der Firma Hurler (später METRO) neben dem ehemaligen Gleis 8 bedient. Mit der Aufgabe dieses Gleisanschlusses legte die Deutsche Bundesbahn am 1. November 1987 den Bahnhof Schwabing und die Stichstrecke bis zum Kilometer 2,4 an der Brücke über die Schenkendorfstraße still. Im August 1988 wurden die Gleise abgebaut und 1990 die Eisenbahnbrücke über die Schenkendorfstraße abgebrochen.
Unsere Bilder entstanden im Juni 1982
Die Firma Ragaller mietet 1972das ehemalige Bahnhofsgebäude an und schreibt dazu: „Mit Beginn der Olympischen Spiele in München wird ein größeres Gebäude im alten Schwabinger Bahnhof (hinter dem heutigen Sterne-Restaurant Tantris) bezogen. In der ehemaligen Schalterhalle befindet sich Karin Ragallers Verkaufsbüro. In dem ehemaligen Güterbahnhof können nun die Waren per Waggon angeliefert werden. Karin Ragaller wächst weiter, als das Unternehmen den bekannten Münchner Handelsbetrieb Jost Hurler als Kunden gewinnt. Die Lagerräume im Schwabinger Bahnhof in der Josef-Fichte-Straße werden nun schnell zu klein. Werner Schmidt beginnt mit frischer Kraft und baut sogleich ein neues Logistikgebäude. Schon 1983 zieht Ragaller vom Güterbahnhof Schwabing in die neuen, eigenen Räume in München-Freimann.“ Heute ist die Firma in Garching.
Das Luftbild zeigt den Güterbahnhof Schwabing, rechts neben dem Stationsgebäude das Edelrestaurant Tantris, ganz rechts Teile des Ungererbades. In der Berlinerstraße kann man noch gut die Schienen der Linie 5 von der zeit der Baustellenumfahrung erkennen. In der Leopoldstraße links sind die Schienen schon verschwunden. Die damalige Großhandelsgesellschaft C&C Hurler mit dem großen Verkaufsgebäude in der Mitte wurde von der METRO übernommen. Heute sieht es hier völlig anders aus.