Der Baldeplatz
Der Platz wurde 1877 benannt nach Jakob Balde (1604 – 1668). Er war einer der bedeutendsten Jesuitendichter Münchens; seine lateinische Dichtung bildet eine Art Prolog für das aufkommende Zeitalter des Barock und des Rokoko.
Der Westermühlbach und der Dreimühlenbach (letzterer trockengelegt) bildeten südlich der Kapuzinerstraße ein großen Areal an Mühlen und Sägewerken: das Holz wurde über die Isar angeliefert und mit der Kraft der Stadtbäche in Sägewerken zugeschnitten für den Aufbau der Stadt München.
Der Westermühlbach darf in diesem Bereich heute getrost als domestiziert bezeichnet werden und läuft mehr oder weniger schön angelegt durch das hier entstandene Wohngebiet.
Der Vergleich von einem Bild aus dem Jahr 1910 und einem aus dem Jahr 2019 zeigt, dass sich städtebaulich nicht so wirklich viel verändert hat hier.
Die „weisse“ Linie
Nach 5-wöchiger Bauzeit erreichte die sogenannte „2. gemeindliche Linie“ am 21.September 1892 den Baldeplatz und führte anfangs weiter über die Isar bis zur Kreuzung Humboldstraße /Pilgersheimerstraße. Dort stieß die Linie auf die grüne Pferdebahnlinie, die vom Viktualienmarkt über die Falkenstraße dorthin führte.
Im Stadtplan von 1896 ist die Endhaltestelle vom Baldeplatz kommend in Giesing nur bis Pilgersheimerstraße geführt. Die „Grüne Linie“ kommt vom Viktualienmarkt über die Ludwisbrücke und Falkenstraße in die Pilgersheimerstraße und endet damals vorläufig an der Freibadstraße, die ihren Namen vom anschließenden Schyrenbad erhalten hatte.
Am 23.10.1895 beginnt auf der Strecke Kapuzinerstraße zwischen Thalkirchner Straße und Baldeplatz der elektrische Betrieb.
Die Umsetzung des Generallinienplans wurde nach der Trambahn AG unter dem seit 1907 federführenden Gemeinde-Unternehmen „Städtische Straßenbahnen“ zügig angegangen: die Isarparallele wurde umgesetzt
Am 17.5.1907 beginnt der Betrieb auf der Neubaustrecke von der Baaderstraße ab Fraunhoferstraße über die Auenstraße zum Baldeplatz und weiter zur Schäftlarnstraße. Kurz danach am 5.8.1907 wurde die Schleife am Baldeplatz in Betrieb genommen.
Die Linie 30 unterwegs in der Auenstraße.
Am 23.Juni 1906 lagen dem Magistrat 2 Planungsvarianten für die Schleifenanlage am Baldeplatz vor: man ging damals davon aus, unbedingt eine Trambahnstrecke vom Baldeplatz durch die Baldestraße direkt in die Innenstadt zu brauchen. Diese Planungen wurden aber später nicht weiter verfolgt.
Am 5.August 1907 war dann auch die Schleife auf dem Baldeplatz in der einfachen Version voll befahrbar.
Die Wittelsbacherbrücke
Der beim Bau der Braunauer Eisenbahnbrücke verwendete Werkssteg aus Holz wurde nach Fertigstellung im Jahr 1871 als provisorische Isarüberquerung an diesem Standort wieder errichtet. Ab dem Jahr 1875 bestand eine eiserne Fachwerkkonstruktion zwischen zwei Brückenportalen, erbaut von August von Voit. Im Rahmen des von der Firma Sager & Woerner angebotenen Brückenbauprogramms wurde 1904 die Betonbrücke errichtet. Die äußere Gestaltung der Brücke übernahm Theodor Fischer, die Konstruktion und den Bau die Firma Sager & Woerner. Technisch gesehen ist die Wittelsbacherbrücke eine Kopie der Reichenbachbrücke.
Für die Zeit des Baus der neuen Brücke wurden die Schienen am Baldeplatz südlich verschwenkt. Danach wurde die neue Brücke mit Oberleitung versehen.
Ein A-Wagen kommt im Jahr 1910 vom Schyrenplatz über die Wittelsbacher Brücke zum Baldeplatz. Die Strecke wurde 1899 elektrifiziert.
In unserem Archiv schlummern viele Pläne, die Bauvorhaben und Umbauten dokumentieren, aber auch Schaltpläne der Stromversorgung. Da diese Pläne immer mit Streckenplänen kombiniert sind, sind sie oft gute Quellen für Gleispläne des jeweiligen Ortes. Der Baldeplatz 1932 ist so ein Beispiel.
Die Auenstraße auf dem Zeitstrahl: 1907 beginnt der Trambahnverkehr in der Auenstraße mit der Maximilianskirche im Hintergrund. 1946 hat die Maximilianskirche durch den Krieg ihre Spitztürme verloren und die Trambahstrecke wird als Parkplatz genutzt.
Im Krieg wird ab 25.10.1943 der Betrieb auf der Strecke Baaderstraße ab Fraunhoferstraße über die Auenstraße zum Baldeplatz eingestellt, da sie durch Bombenangriff teilweise zerstört wurde. Nach dem Krieg wurde sie nicht wieder aufgebaut.
Die 1907 erbaute Straßenbahnstrecke Baaderstraße-Auenstraße-Isartalbahnhofwurde am 25 . Oktober 1943 aus kriegsbedingten Gründen stillgelegt und durch Ausbau der Gleisabzweigung Baader-Rumfordstraße am10. September 1952 unterbrochen. Erst 1954 wird die Strecke Baldeplatz über Auenstraße und Ehrengutstraße zur Isartalstraße bis Schäftlarnstraße aufgelassen, das zuletzt nur noch als Betriebsgleis genutzt wurde, der Linienbetrieb wurde schon im Krieg 1943 eingestellt. Ein Jahr später 1955 verschwindet die nutzlos gewordene Schleife am Baldeplatz und 1968 erfolgte der Rückbau der Gleise auf nur noch Doppelgleis im Zuge Kapuzinerstraße / Wittelsbacher Brücke. Beim Umbau des Baldeplatzes wurden 500 m Gleis in der Auenstraße entfernt und 1956 Gleisreste anlässlich der Verbreiterung der Fahrbahn der Auenstraße zubetoniert und März1957 weitere Teilstrecken in der Baaderstraße bei Aufgrabungsarbeiten entfernt. Südlich des Baldeplatzes wurden die Geleise August 1955 bis Ehrengutbrücke und im Mai 1957 auch die Gleisabzweigung beim Kühlhaus Linde ausgebaut.
Vom 27.05.1906 bis 06.10.1947 kam am Baldeplatz mit Unterbrechungen auch die Linie 12 vorbei.
Dreimal die gleiche Perspektive: rechts die Linie 17 im letzten Betriebsjahr 1982. In der unteren Bilderreihen sieht man links den Straßenzug der Kapuzinerstraße im Jahr 1905 und rechts daneben das gleiche Hauseck im Jahr 2019. Die Renovierungen nach dem Krieg verliefen nicht immer optimal. Interessant ist auch das verschwinden nach 1983 vieler Neonreklamen von den Häusern in München.
Heute ist nichts mehr von der Trambahngeschichte des Baldeplatzes vor Ort zu sehen. Lediglich der Blumenhändler im alten Warte- und Betriebshäuschen (Bild links vom 9.9.1959) erinnert noch an die alte Funktion des Baldeplatzes sowohl als Kehrschleife als auch Kreuzungspunkt der Trambahnlinien ost/west vom Hauptbahnhof nach Giesing und nord/süd über die Auenstrasse zum Isartalbahnhof.
© FMTM e.V.
Diese Dokumentation entstand mit der Unterstützung von Peter Hübner, Klaus Onnich, Dieter Kubisch, Florian Schütz und Frederik Buchleitner sowie dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv, dem Staatsarchiv München und besonders dem Stadtarchiv München. Zusammengetragen & umgesetzt hat diese Seite Reinhold Kocaurek.