Seit 1868 hatte die Brauerei Kochel-Bräu das Gelände zwischen Schied-Kochel-Straße, Alramstraße, Aberlestraße und der späteren Implerstraße gekauft und darauf eine Brauerei errichtet. 1890 erweiterte Kochelbräu seine Anlagen massiv und vervielfachte seinen Hektoliterausstoss. Dafür musste ein Gleisanschluss vom Südbahnhof her. 1885 wurde dieser geschaffen und führte als Stichgleis auf das Brauereigelände.
Am 13.August 1907 erschienen Vertreter der Kochelbräu Aktiengesellschaft und deren Rechtsvertreter sowie die Stadtverwaltung mit ihren Rechtsgelehrten beim Münchner Amtsgericht I, dem damaligen Grundbuchamt. Vorausgegangen waren Planungen der Stadt, eine neue Straße zu schaffen von der Lindwurmstraße ausgehend zur Brudermühlstraße, die heutige Implerstraße. Dabei waren Dutzende Grundstücke betroffen, unter anderem auch das Grundstück 10435 1/2 in Besitz der Kochelbräu. Auf diesem Grundstück lagen bereits 1907 Gleise zu einer Lagerhalle, die nun an dieser Stelle die neue Straße kreuzten. Daher wurde einerseits ein Vertrag zur unentgeltdlichen Abtretung dieses Grundstückes aufgesetzt, als auch ein Nutzungsvertrag des darauf gelegten Gleises zur Kochelbräu, das ja nun aus städtischen Grund liegt und daher gewissen Vereinbarungen unterworfen ist.
Dieser Plan von 1891 zeigt die Lage der Brauereigebäude. An der Schmied-Kochel-Straße lagen die Gaststätten der Brauerei. Sie führte nach Osten zur Gotzingerstraße, die damals bis hier verlief. Die Implerstraße gab es noch nicht.
Der Gleisplan aus dieser Zeit zeigt neben der Strecke durch die Lindwurmstraße auch die Strecke durch die Implerstraße zum Tierpark, die ab dem 1.August 1912 das Industriegleis kreuzte und die Schleife an der Großmarkthalle, die ab 1913 in Betrieb war.
Am 2.August 1919 brannte die Kochelbräu ab und Hacker kaufte das Gelände und die Brauerei, verlegte aber den Brauereibetrieb von hier weg.
Die Firma Gietl schloss 1920 einen Pachtvertrag für das ehemalige Kochel-Bräu-Gelände und nutzte es fortan als Lagerplatz und für Speditions-Aufgaben. Dazu war das Gelände mit einem Gleisanschluss natürlich sehr praktisch.
In diesen Nutzungsverträgen von Industriegleis-Straßen-Überquerungen und Kreuzungen mit der Trambahn sind alle relevanten Punkte geregelt. In diesem Fall geht es um die Kreuzung der Implerstraße und der Gotzingerstraße ohne Trambahn. Die Gotzingerstraße endete damals nicht an der Kreuzung mit dem Industriegleis, sondern ging noch einige Meter weiter stadteinwärts
Heute ist das Ende der Gotzingerstraße am ehemaligen Bahnübergang ein eher verlassener Ort. Allerdings kann mal an der rund angelegten Rampenform des dortigen Lagerhauses gut die alte Kurve des Industriegleises in den Südbahnhof erkennen.
Pacht-Preis-Erhöhung für die Bahnkreuzungen des Herrn Gietl schon im 2.Jahr nach der Übernahme der Verpflichtungen für diesen Bahnübergang.
Am 6. und 7.September 1943 wurde das Gelände der ehem. Kochelbräu getroffen und durch Brandbomben zerstört.
Unser Bild vom 20.November 1945 zeigt rechts das Schulhaus und die Ruinen auf dem Platz der ehemaligen Kochelbräu an der Implerstraße. Und wenn man ganz genau schaut, sieht man sogar die rot/weißen Barken, zwischen denen der Bahnübergang ist.
Das Industriegleis über Implerstraße blieb auch über den 2.Weltkrieg hinaus bestehen und wurde von der Firma Gietl betrieben. Ab 1948 wurden neue Vorschriften zur Sicherung von Kreuzungen von Reichsbahngleisen mit Trambahnen erlassen, die auch für diese Kreuzung galten.
Da sich die Nutzung des Geländes an der Implerstraße veränderte, wird auch in den Akten zu Industriegleise im August 1959 als verantwortlicher Betreiber dieser Gleiskreuzung in der Implerstraße eine Interessengemeinschaft vertreten durch Herr R.Vogt, Wundeckstraße 80 im damaligen Münchner Postbezirk 55 genannt.
Auf diesem Katasterplan ist schon der Stempel der Landeshauptstadt München drauf, allerdings ist der Plan deutlich älter weit vor dem 2.Weltkrieg. Er zeigt den genauen Gleisplan auf dem damaligen Gelände der Kochel-Bräu mit der Drehscheibe.
Nach dem 2.Weltkrieg fiel diese Drehscheibe weg und es bestand nur ein Stichgleis auf das Gelände.
So ein komplexes und massives Gebäude verschwindet natürlich nicht. Diese Bilder aus dem Jahr 1977 zeigen den Hof der ehemaligen Brauerei und die Straßenansicht der damals noch erhaltenen Rückwand des Brauereigebäudes an der Aberlestraße.
Nachdem über die längste Zeit eine Drehscheibe am Ende des Industriegleises bestand, war zuletzt ein äußerst enger Gleisbogen nach der letzten Weiche im Südbahnhof gelegt, der dann, in diesem Bild von 2007 gut sichtbar, in die Hausdurchfahrt führte.
Im Juni 2011 konnte ich bei einer meiner Recherche-Touren noch die inzwischen überbauten, aber nicht abgebauten Schienen dieses Industriegleis-Anschlusses fotografieren, die schon jahrelang ungenutzt waren.
Die Reste des Industriegleisen verschwanden tatsächlich erst 2023. Das Gleis wurde in den 80er-Jahren überbaut und bestanden weiter. Das Bild von 2023 zeigt die frisch geteerte Ausfahrt zur Implerstraße, in der bis vor kurzem noch Gleise lagen.