Die 1898 gebaut Bahnunterführung an der Chiemgaustraße, die Führung des Mittleren Rings um die Innenstadt Münchens herum, überrascht immer wieder mit ihrer geringen Höhe von 3,50 m. Das ist auch auf unserem Bild gerade dem Kranfahrer im Hintergrund bewusst geworden, bevor er vorsichtig rückwärts wieder herausrangierte.
Diese Unterführung an der Chiemgaustraße besteht seit dem Bau dieser Bahnstrecke vom Ostbahnhof nach Deisenhofen.
1897 entwarf das Königliche Oberbahnamt der Königlich Bayerischen Staatsbahn die Brücken im Stadtgebiet München, die für die neue Bahnstrecke vom Ostbahnhof nach Deisenhofen nötig sind. Diese Brücke hier an der späteren Chiemgaustraße war damals die „Straßenunterführung III“ dieses Bauvorhabens, das auf einem „Hauptbahnbelastungsprogramm“ aus dem Jahr 1895 stammt. Parallel wurden damals viele Unterführungen auch im Rahmen der großen Erweiterung des Centralbahnhofs in München gebaut.
Diese Brücke wurde mit breiteren Widerlagern ausgestattet, um für spätere Erweiterung vorbereitet zu sein. Das einmalige an dieser Brücke ist, dass sie bis heute (2023) unverändert so besteht.
Dieser Plan aus dem Januar 1910 zeigt, Osten ist oben, Norden links, die Situation zu dieser zeit: es gab weder eine Schlierseestraße noch eine Schwanseestraße. Man war gerade dabei, für diese Straßenzüge Baulinien festzulegen, was gut zu sehen ist. Es gab lediglih, hier rat ausgemalt, einen Pfad entlang der Bahnstrecke nach Deisenhofen vom Bahnhof Giesing kommend. Die spätere Chiemgaustraße hatte seit Bahnbau eine Unterfahrt, weil sie die am nächsten gelegene kreuzungsfreie Unterquerung der Bahn-Strecke beim Giesinger Bahnhof nach Osten war.
Kurz die Perspektive auf den Kopf gestellt,: jetzt ist Westen oben und Norden rechts, die hier besprochene brücke ist jetzt oben in der Mitte.
Die Chiemgaustraße führte aber nicht weiter nach Osten, sondern endete auf der Höhe der neu gebauten Aschauerstraße und ging als Fahrweg noch zur geplanten Paulsdorferstraße, die östlich parallel zur Aschauerstraße verlaufen sollte. Hintergrund dieses Ausbaustandes war, dass am 7.7.1924 die Trambahn-Strecke vom Giesinger Bahnhof zur Hauptwerkstätte nach einer Bauzeit 27.04.1924 bis 07.07.1924 auf dieser Trasse durch die Chiemgaustraße und Aschauerstraße zweigleisig in Betrieb genommen wurde.
Die Stadtentwicklung hatte zwei Komponenten: die eine war die teilweise jahrhundertelang gewachsenen Netzte aus Wegen, Pfaden und Fahrstraßen und die zweite Komponente die Perspektive der Stadtplaner, möglichst geometrisch angelegte verkehrstechnisch angepasste Baulinien zu ziehen. Hier kann man das gut sehen am gewachsenen „Perlacher Weg“ in die Stadt hinein, der schräg über Wiesen und Felder führte. Größte Schwierigkeiten waren nun die Grundstückslagen und -Grenzen, die mit Abfindungen und Ausgleichsflächen irgendwie der geometrischen neuen Baulinienziehung angepasste werden mussten.
Den 2.Weltkrieg hat diese Unterführung an der Chiemgaustraße unversehrt überstanden und Ende der 50er-Jahre beginnt die große autogerechte Verkehrsplanung in der Landeshauptstatt München. Dazu gehört die Einstufung der Chiemgaustraße zur Teilstück des München-umschließenden Mittleren Rings. Da aber die Chiemgaustraße an der Schwanseestraße einen leichten Versatz nach Süden macht, ist die Lage der Gleise der Strecke von der Hauptwerkstätte an der Chiemgaustraße hier etwas störend für den 2-spurigen Straßenausbau. Unser Plan zeigt die neu Gleislage, die bis heute (2024) besteht und 1960 so gebaut wurde.
Dass diese Unterführung als Bauwerk aus dem 19.Jahrhundert nicht mehr lange Bestand hat, ist klar. Ebenso wird die Trambahnstrecke hier bald verschwinden, sobald im Rahmen der Erweiterung der Hauptwerkstätte zu einem Betriebshof die Gleisanbindung über die Schwanssestraße hinaus über die Ständlerstraße erfolgt.
Ein Kuriosum war diese Unterführung allerdings schon immer, denn der Mittlere Ring gilt als Bundesstraße und auf Bundesstraßen dürfen keine Trambahnlinien verkehren, – es ist ja auch nur eine Betriebsstrecke.
Heute mussten Jungs vom Oberleitungsdienst schon wieder raus: ein Lastwagen hat die Oberleitung beschädigt und das Isolierbrett zur Eisenkonstruktion muss erneuert werden. Dadurch ist sowohl der Betriebsverkehr auf der Zufahrt zur Hauptwerkstätte unterbrochen als auch der Verkehr auf dem Mittleren Ring empfindlich gestört.
Quellenhinweis
Alle Bilder © Klaus Werner (FMTM)
- BayHStA K.Bay.Sts.B. Akt 36063
- DE-1992 SWM-VKB Abgabe 67/1 Akt 080
- DE-1992-LBK-31247
- Archiv FMTM