Das Online- & Archiv-Team

Wir bewegen uns in einer Welt, in der manche glauben, das Internet weiß alles, das andere bekommen wir aus superschlauen Apps und den Rest verrät uns sicherlich die künstliche Intelligenz. Nach der Enttäuschung, dass das leider nicht stimmt, haben wir uns dran gemacht, zumindest dieses kleine schmale Segment der Münchner Geschichte und ihrer Trambahn faktenbasiert zu dokumentieren. Dabei kann man nach viele Jahren Arbeit sagen: es ist alles dokumentiert und nachzulesen, – man muss es nur finden und machen. Dabei kommt es immer öfter vor, dass wir Wikipedia-Angaben klar widerlegen können und auch größere Datenlücken und falsche Angaben in der Münchner Trambahn-Bibel „Schattenhofer“ finden.

Ich bin jetzt (Stand 2024) ganze 8 Jahre wöchentlich teilweise mehrmals stundenlang in den Archiven unserer Stadt unterwegs und habe vielleicht, gut gerechnet, an die 10% der relevanten Originaldokumente einsehen dürfen. Die doppelte Zeit in den Archiven benötigt die Auswertung der Dokumente, aber da ist noch keine einzige Zeile Artikel für das Trambahn-Journal oder diese Webseite geschrieben.

Stam Ordner

In München sind wir in der grandiosen Situation, große prallvolle Archive zu haben. Das Stadtarchiv ist unsere Anlaufstelle, wenn es um die Geschichte der Trambahn mit den Dokumenten von H. Otlet, später der MTAG, der Straßenbahngesellschaft und später Verkehrsbetriebe und MVG geht. Hier wurden weit über 1000 Ordner und Dokumentensammlungen archiviert, das ergibt 17 Ordnermeter, also eine Regalbreite von 19m. Im Jahr 2018 durfte ich mal ins Allerheiligste des Stadtarchivs und mit diese Sammlung ansehen.

Jetzt darf man sich das aber nicht so vorstellen, dass hier irgendwie sortiert von den Amtsmännern abgelegt wurde und verschlagwortet und themenmäßig vorsortiert, das ist jetzt die Arbeit, wenn diese Ordner einzeln nacheinander, jeder gut 1000 Blatt Papier mit Plänen, Seite für Seite durchblättert, sortiert, einordnet und auswertet. Ein weiteres Hindernis: die Schreibmaschine wurde erst Ende des 19.Jahrhunderts erfunden und hielt er ab 1905 zögerlich Einzug in die betroffenen Amtsstuben. Die meisten Dokumente sind in Kurrent/Sütterlin abgefasst, teilweise auf brüchigem, verblassten und seitlich beschädigtem Papier unterschiedlicher Qualität und Stärke.

In München sind wir in der grandiosen Situation, große prallvolle Archive zu haben. Das Stadtarchiv ist unsere Anlaufstelle, wenn es um die Geschichte der Trambahn mit den Dokumenten von H. Otlet, später der MTAG, der Strassenbahngesellschaft und später Verkehrsbetriebe und MVG geht.
Bayhsta

Das Bayerische Hauptstaatsarchiv in der Schönfeldstraße ist ein weit größerer Fundus als das Stadtarchiv von der Menge her, allerdings ist unser Thema „Trambahngeschichte“ hier etwas unterrepräsentiert. Dazu muss man die Zuständigkeiten der damaligen Ministerien und Ämter sehen. Das Hauptstaatsarchiv hat alle Dinge zum Königreich Bayern und den bayerischen Ministerien nach der Monarchie. Allerdings gilt die Einschränkung, wenn z.B. der König eine Konzessionsurkunde für eine Pferdebahn verleiht, verschickt er sie an die Trambahngesellschaft von H. Otlet. Somit liegt das Original gar nicht im Hauptstaatsarchiv, weil es ja verschickt wurde und liegt im Stadtarchiv. Da es damals keine Fotokopierer gab, waren die Schreibstuben gefüllt mit angestellten Schreibern, die Duplikate und Abschriften anfertigten und oft wurden auch die Entwürfe zu Briefen aufgehoben, die danach verschickt wurden. Da Bayern groß ist, spielt also hier die Münchner Trambahn eine untergeordnete Rolle. ES sind fast nur Genehmigungsverfahren und Konzessionen dokumentiert, seltenst Pläne oder Karten. Das allerdings die Post Staatsaufgabe war, fanden wir wieder viele Informationen zur Posttrambahn im Hauptstaatsarchiv. Auch die Recherchen zu den Brücken und Unterführungen sind in Teilen, da Themengebiet der königlich bayerischen Staatsbahn, im Hauptstaatsarchiv abgelegt. Das wiederum verwaltet auch die Akten des Verkehrsarchivs und weil dafür der Platz ausging, gab man Akten an das benachbarte Staatsarchiv München ab, – das gibt es auch noch.

Staatsarchiv 25.1.2019

Das Bayerische Hauptstaatsarchiv und das Staatsarchiv München liegen gleich nebeneinander in der Schönfeldstraße, einer Nebenstraße der Ludwigstraße neben der Staatsbibliothek. Hier sind die Repetitorienzimmer und die Lesesäle untergebracht, die man besucht, wenn man über seine zugeordneten MitarbeiterIn Archivalien ausgesucht und gefunden hat und einen Termin vereinbart hat.

Das Staatsarchiv München ist eine gute Anlaufstelle, wenn man Genehmigungsverfahren für Trambahnstrecken sucht, aber auch, wie gerade angesprochen, Akten aus dem Verkehrsarchiv. Hier wurden im Königreich vor allem die Polizeiakten abgelegt und damit alle in Bezug zur Trambahn bestehende Vorgänge. Das konnten Beschwerden über Verkehrsbehinderungen sein oder Bauliche Erweiterungen, die Bedenken der Polizeibehörde dazu oder ablauftechnische Betriebsvorgänge, in die sich gerne die Polizei einmischte. Nebenbei wurden aber zum Beispiel das gesamte Vergabeverfahren für die Konzession einer Pferdebahn mit 12 Bietern als Kopie an die Polizei geschickt und ist daher nur hier komplett erhalten. Allerdings hat man in den 70er-Jahren mit großem Aufwand angefangen, alles auf Mikrofilm abzulichten. Daher gibt es in allen Archiven auch umfangreichte technische Geräte, mit denen man diese frühe „Digitalisierung“ einsehen kann. Seit 2022 erlauben die Bayerischen Staatsarchive auch eigene Fotos von Dokumenten. Das erspart unserem verein viel Geld, denn Scans waren bisher pro Seite abgerechnet. Diese Bilder schicke ich, wenn in Kurrent bzw. Sütterlin, wie durchgehend im 19.Jahrhundert, an unser Vereinsmitglied Gert v. Rosen weiter, der es mir dann in ein Word-Dokument übertragt, das mögen bis heute viele tausend Seiten sein. Zwar habe ich auch einen Kurrent-Lesekurs absolviert, aber es gibt viele Schreiber amtlicher Dokumente, die eine recht gepflegt unleserlichen Schriftzug hatte, – Gert v. Rosen merkt dann gerne an „Sauklaue!“.

Stam Me

Über einen haben wir hier noch nicht berichtet, das ist unser Archiv-Chef und Hüter des unwahrscheinlich großen Vereinsarchivs. Wer die 3 prallvollen Kompaktus-Rollschränke und weiteren mit vielen Kubikmeter Archivgut gesammelt, einsortiert und immer noch den Überblick hat, ist der Meister. Wir verdanken Klaus eine fast lückenlose Dokumentation der Münchner Trambahn in Text und vor allem Bild. Sein Bilderarchiv ist legendär und frage ich Klaus nach einem Thema, einer Linie oder einem Ort, ich kann sicher sein, dass ein paar Minuten später grandiose Bilder aus allen Epochen in meinem Postfach liegen. Klaus Onnich ist die erste Anlaufstelle bei Haushaltsauflösungen oder Nachlässen, die er sichtet und einordnet, manchmal analog, aber immer mehr auch digital. Alle paar Monate gehen Kisten mit tausenden Negative oder Dia-Positiven an eine bewährte Scan-Firma, ohne deren Dienstleistung unser Archiv überfordert wäre. Digitalisierung macht bei Bildern sehr viel Sinn, da man daraus gut und fundiert Artikel recherchieren und schreiben kann.

2018 04 Archiv Klaus Onnich 1

Noch so ein unermüdlicher Archiv-Wurm ist Reiner Ilg, der zwar in erster Linie das Zeitungsarchiv betreut, aber darüber hinaus Klaus Onnich zuarbeitet und unterstützt. Hier steht er neben einem Bruchteil der Kisten mit den Planungsunterlagen für Gleisveränderungen, Neubauten oder Ersatz aus den Jahren 1968 bis 1996. Hier geht unsere Digitalisierung nur soweit, dass der Inhalt in Schlagworten in eine Excel-Tabelle übernommen wird und man danach digital suchen kann, aber nur die Kisten-Nummer bekommt und von dort aus geht es analog weiter. Meistens ist Reiner irgendwo auf Leiern oder Tritten zwischen den Kompaktus-Rollschränken zu finden, wenn er einsortiert, umsortiert oder Platz für Neuzugänge aquiriert. Eigentlich ist er der Chef des Zeitungsarchivs und verwaltet es, aber er macht immer die Arbeit, die gerade anfällt.

Reiner Ilg 16.2.2022 Archiv Blue Box Low

„Zeitungsarchiv“ mag irgendwie antiquiert klingen in unserer schnelle digitalen Welt, ist allerdings ein unheimliche wichtige Quelle, wenn man neben den technischen Daten und Genehmigungsakten in Amtsdeutsch die wirklichen Münchner Geschichte spüren will. Hier spielen Glossen aus allen Jahrhunderten, Leserbriefe und redaktionelle Sichtweisen auf städtebauliche Vorgänge, Planungsphasen und „dem Volk auf’s Maul g’schaut“ eine wichtige Rolle. Nur so kann man als Trambahnhistoriker den vollen Umfang von Abläufen erfassen und einsortieren. Bei dieser Menge der Informationen und deren Einschätzung, Gliederung uns Auslegung darf man nicht den Überblick verlieren und so ist es besonders wichtig, im Team zu arbeiten, um keine Aspekte zu übersehen. Letztlich sind es unzählige tägliche Stunden vor dem Computer, in Suchmaschinen, bei Formulierungsversuchen und Recherchen mit befreundeten Vereinen wie die Geschichtswerkstätten von Pasing, Neuhausen, Haidhausen und vieler anderer Vereine, die ihre Stadtteile historisch beackern. Hier haben wir einen dauernden Austausch und immer wieder neue Erkenntnisse und Blickwinkel.

Hw 28.9.2019 21

Leider viel zu früh verlassen hat uns unser Redaktionsmitglied Dieter Kubisch im Jahr 2023. Der gelernte Diplomingenieur kannte sich von der Dampftrambahn bis zu allen Schienentypen und Oberleitungen bis zu Einzelheiten im Fahrzeugbau genial aus und hat unzählige Artikel hier auf unserer Webseite und im Trambahn-Journal geschrieben. Man fand ihn neben und unter Trambahnen, wenn er wieder einem Detail auf der Spur war. Ich konnte ihn seitenweise Unterlagen zur Auswertung schicken und er unterstützte uns vor allem in den ersten Jahren der Erstellung unserer Webseite. Legendär ist seine Bildersammlung, die am 1971 in tausenden farbiger Fotos den Münchner Trambahnbetrieb dokumentierte. In den ersten Jahren waren seine Bilder meist unverwechselbar gekennzeichnet durch sein rotes Motorrad irgendwo im Bild. Ich hatte mit ihm gerade 3 große Themengebiete in Arbeit, als er völlig unvermutet im August 2023 an einem Schlaganfall verstarb. Wir vermissen ihn sehr.

Kubisch 2017
Ptz99542 Loe

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