Nachbarn an der Schäftlarnstraße: das Kraftwerk Süd
Friedrich Uppenborn, Leiter der städtischen Elektrizitätswerke 1899 bis 1907
Friedrich Uppenborn ging nach seiner Ernennung zum Leiter der Elektrizitätswerke 1899 sofort daran, einen geeigneten Standort für ein neues Kraftwerk zu suchen und fand ein Gelände an der Schäftlarnstraße. Mit einem Gleisanschluss für die Kohlelieferungen und dem Stadtbach zur Entnahme von Kühlwasser bot dieses Grundstück gleich mehrere Standortvorteile. Ende 1897 konnte mit dem Bau des Werks begonnen werden.
Am 31. Oktober 1899 lief der Gasvertrag aus. Für alle an der Energieversorgung Münchens Beteiligten war dies ein geradezu magischer Termin, auf den man sich seit Langem vorbereitet hatte. Nach mehr als 50jähriger Bindung an die Gasbeleuchtungsgesellschaft hatte die Stadt nun bei der kommunalen Energieversorgung freie Hand. Die Gaswerke in der Thalkirchener Straße und Am Kirchstein gingen samt dem Leitungsnetz und den Laternen in städtisches Eigentum über. Wie im Ablösevertrag von 1891 vereinbart, zahlte die Stadt für die Gasanlagen einen Preis von vier Mio. Mark. Zusätzlich hatte sie alle Ausgaben zu ersetzen, die der Gasbeleuchtungsgesellschaft seit 1. Juli 1890 für Erweiterungsbauten entstanden waren (abzüglich einer Amortisation von fünf Prozent pro Jahr). Die Produktion der Gaswerke war in den vergangenen Jahren unter der Leitung von Eugen Schilling, einem Sohn des früheren Gasdirektors Nikolaus Heinrich Schilling, noch einmal stark angestiegen. Die Erfindung des Gasglühlichts durch den österreichischen Chemiker und Ingenieur Carl Auer von Welsbach im Jahr 1886 hatte die Straßenbeleuchtung revolutioniert. Die neue Beleuchtung setzte sich rasch durch, da sie um ein Mehrfaches heller war als das Licht der Steinkohlengasflammen und dazu noch weniger Gas verbrauchte. Mit dem Gasglühlicht (»Auerlicht«) entstand der elektrischen Beleuchtung eine ernsthafte Konkurrenz, da es sehr viel preisgünstiger war.
Münchens Süden bot sich als Bauplatz für ein Kraftwerk besonders an. Hier ließ sich ein Kraftwerk an der Isar mit Gleisanschluss bauen, doch befand sich in Höllriegelskreuth bereits das Wasserkraftwerk der Isarwerke. Uppenborn entschied sich wohl auch deshalb für einen innerstädtischen Standort in der Nähe des Isartalbahnhofs im Stadtteil Sendling. Dort konnte die Stadt ein großes Grundstück an der Staubstraße (heute Schäftlarnstraße) erwerben, das am großen Stadtbach lag. Mit einem Gleisanschluss für die Kohlelieferungen und dem Stadtbach zur Entnahme von Kühlwasser bot dieses Grundstück gleich mehrere Standortvorteile. Ende 1897 konnte mit dem Bau des Werks begonnen werden. Nach Plänen des städtischen Bauamtmanns Carl Hocheder wurde ein Dampfkraftwerk mit einer Leistung von 6.000 Pferdestärken (4.413 Kilowatt) errichtet. Dieses Kraftwerk an der Isartalstraße, am Standort des heutigen Heizkraftwerks Süd, war im Oktober 1899 und somit rechtzeitig zum Auslaufen des Gasvertrags fertiggestellt. Auch jetzt kam die Betriebsleistung der städtischen Kraftwerke allerdings noch nicht an die der privaten Blockstationen heran, die 1897 bei insgesamt 7.650 Pferdestärken lag.
Unser Bild zeigt die Brücke über den Dreimühlenbach und links den ebenfalls recht neuen Betriebshof an der Schäftlarnstraße. Allerdings wurde das große Kraftwerk nicht rechtzeitig zum Start der Münchner elektrischen Trambahn fertig und man behalf sich das erste Jahr mit einem kleinen eigenen Dampfkraftwerk.
Das Bild vom 13.November 1909 zeigt das Kraftwerk an der Isartalstraße: die Fahrwege waren noch unbefestigt.
Unter den Elektrotechnikern gab es in den 1890er Jahren einen heftig geführten Streit, ob Gleichstrom oder Wechselstrom (Drehstrom) das geeignetere System für den Bau von Kraftwerken und Stromnetzen sei. Uppenborn hatte schon als Leiter einer von der Stadt Frankfurt am Main eingesetzten Expertenkommission keine eindeutige Empfehlung aussprechen wollen. Nun entschied er sich dafür, das Münchner Stromnetz mit einem gemischten Drehstrom- Gleichstrom-System zu betreiben, da Wechselstrom für die Übertragung über größere Entfernungen effizienter, Gleichstrom aber verbraucherfreundlicher war. Im Stadtgebiet mussten dafür mehrere Unterstationen errichtet werden. Das neue Kraftwerk erzeugte hochgespannten Wechselstrom, der in diesen Stationen in Gleichstrom für das Niederspannungsnetz umgeformt wurde. Die ersten Unterstationen entstanden in der Schillerstraße, der Karlstraße, der Arcisstraße und im Muffatwerk.
1913 war auf der Schäftlarnstraße schon ein Makadam-Belag gelegt. Im Hintergrund das Kraftwerk bei dem Blick stadteinwärts.
Bis zum Jahr 1940 wurde das Kraftwerk mehrfach erweitert und erneuert. Im Vordergrund die Schienen der Isartalbahn.
Heute ist das Kraftwerk Süd ein Zentrum für Geothermie, nachdem sehr erfolgreiche Bohrungen stattfanden. Das ehemalige Trambahn-Depot und Hauptwerkstätte ist ein Parkplatz. Die Kamine werden derzeit abgetragen.