Es gab seit Inbetriebnahme 1854 der Bahnstrecke vom Hauptbahnhof zur neu gebauten Großhesseloherbrücke mehrere Bahnübergänge dieser Strecke auf dem Sendlinger Oberfeld. In unserer Dokumentation sind besonders die beiden alten Bahnübergänge an der Forstenriederstraße, der heutigen Alber-Roßhaupter-Straße, und der Boschetsriederstraße, die beim Bahnbau ein nameloser Feldweg war, interessant.
Dieser Bahnübergang an der Fürstenriederstraße wurde 1891 in das Beneralabkommen der Direktion der bayerischen Staatsbahn mit dem Stadtbauamt und dem Magistrat der Stadt München aufgenommen, in dem die rechtlichen Rahmenbedingungen von der Planung über Finanzierung, Bauabwicklung und späteren Unterhalt und Betrieb wie auch Grundstücksausgleiche zwischen den Bereichen und mit Privatleuten geregelt wurden. Ab 1894 gab es Erweiterungspläne für den Centralbahnhof damals und das bedingte aus allen Außenästen der Bahn ein erhöhtes Zugaufkommen, was wiederum den zunehmenden Fuhrwerksverkehr und die aufkommenden Automobile an den Bahnschranken behinderte.
Weiter wird in dieser Zeit um die Jahrhundertwende in Zeitungen und auch Sitzungen des Magistrats immer wieder auf die hohe Arbeitslosigkeit hingewiesen, die es nötig mache, viele Arbeiter durch Bauprojekte zu Lohn und Brot zu bringen. Dem stand aber natürlich, man ahnt es schon, der chronische Geldmangel bei Staat und Stadt entgegen. So wurde beim Bau der die Bahnübergänge ersetzenden Unterführung sehr genau die Wirtschaftlichkeit einbezogen und eine Liste von Reihenfolgen erstellt, die wiederum nicht unumstritten waren. Kurzum, es hat sich über die Jahrhunderte nichts geändert: Planungen wurden verzögert, Baustellen wurden um Monate und Jahre verlegt und Finanzierungen überdacht. Die besten Zeugen für solche Vorgänge, von denen vor allem auch die hier beschriebene Unterführung an der späteren Albert-Roßhaupter-Straße nicht verschont blieb, sind die verstaubten Akten unserer Staats- und Stadtarchive und Protokolle von Sitzungen im Senat, Landtag und Magistrat, die immer wortgenau protokolliert sind und auch in ihrer Ausdrucksweite eine sehr direkten Blick in die damalige Zeit bieten.
Ein sehr elementarer Gesichtspunkt war zu dieser Zeit immer, dass eine Trambahnstrecke keine Bahnstrecke kreuzen kann. So erkennt man auch in dem Bau einer Unterführung immer das gleiche Muster an vielen Stellen in München, dass erst Unterführungen unter den Hauptbahntrassen eine Weiterentwicklung des Münchner Trambahnnetztes möglich machten. Das war natürlich hier an der Forstenriederstraße nicht anders bei der geplanten Trambahnstrecke zum Waldfriedhof.
Die ersten Planungen zu dieser Unterführung findet man im Juli 1899 in den aktuellen katasterplan eingetragen, – so beginnen die meisten Planungen. Hier kann man genau erkennen, welche Grundstücke von Veränderungen betroffen sind, seien es Grundstücksgrenzen, Abtretungen, hier auch Stützmauern und Zaunverlegungen. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass ja meistens Feldwege waren, die hier betroffen waren, bestenfalls befestigte Wege. Daher sind auch immer, wie hier der Fall, gleich geplante Straßen mit eingezeichnet und wurden vorherschauend in die Planungen einbezogen. Steht eine Stützmauer erst mal, wird sie selten nochmal versetzt.
Beim Bau von Unterführung hatte man schon viele Vorläufer und gewissen Erfahrungen. Auch hier an der Forstenriederstraße wurde eine gewisse Grundplanung verwendet, die den benachbarten Unterführungen an de Landsbergerstraße, Lindwurmstraße, Thalkirchnerstraße und so weiter in etwa entsprach, angepasst an die Gegebenheiten vor Ort. Die in der Planung nun meist folgenden Niveaukarten, hier vom Juli 1899, berücksichtigen die Auf- und Abfahrtsrampen, die Durchfahrtshöhen natürlich die betroffene Bahntrasse.
In die folgenden Feinplanerstellung fließen nun Statikberechnungen ein, Materialmengen werden berechnet und eine deutlich genauere Kalkulation wird erstell, – übrigens auch damals schon meistens etwas über der ersten Kalkulation, die man zur Genehmigung eines Projektes einreichte und anhand deren abgestimmt wurde.
Die Chronik dieses Projekts der Unterführung der Forstenriederstraße unter der Bahnstrecke:
- 28.4.1899 Schreiben des Magistratsamts an das Oberbahnbauamt wegen einer Unterfahrt.
- 24.5.1899 Schreiben des Magistratsamt an die Lokalbaukommission, das Stadtbauamt möge Pläne einreichen.
- 12.6.1900 Plenumsbeschluss mit Verabschiedung der eingereichten Pläne des Bahn-Oberbauamtes.
- 29.10.1900 Auftrag an das Stadtbauamt, für das Projekt detaillierte Pläne zu fertigen.
- 29.4.1901 beginnen weitere Verhandlungen mit betroffenen Grundstücksbesitzern.
- 11.7.1901 erhöhen sich die geplanten Kosten von 27.800 Mark auf 50.000 Mark vor allem durch Abfindungen an Grundbesitzer.
- Ab Oktober 1901 wird die Unterführung gebaut und wird im Februar 1902 fertig
Am 5.Juni 1902 berichten die „Münchner neuesten Nachrichten“ von Problemen beim Bau dieser Unterführung: auf dem direkt an der Unterführung gelegenen Friedhof musste Gräber umgebettet werden.
„Auf Kosten der Stadtgemeinde München wurde die schienengleiche Überfahrt der Forstenriederstraße durch eine Unterführung mit der lichten Weite von 18m bei einer Fahrbahnbreite von 12m und je 3m breiten Trottoiren mit einer lichten Höhe von 4m erbaut. Die Ausführung dieser Wegeänderung geschah durch die
Königl. Staatseisenbahnverwaltung auf Rechnung der Stadtgemeinde München.“
Beschreibung vom 4.November 1904 der Königlich Bayerischen Staatsbahn-Direktion
Der erste Plan vom 2.Februar 1902 zu der geplanten Trambahn-Strecke vom Harras zum Waldfriedhof, damals Endpunkt Holzapfelkreuth nach dem dort gelegenen Bauernhof, zeigt den vorläufig geplanten eingleisige Ausbau dieser Strecke mit der Benutzung der Unterführung an der heutigen Albert-Roßhaupter-Straße, damals noch die Forstenriederstraße.
Ein Bericht von einer Magistratssitzung in den „Münchner Neuesten Nachrichten“ vom 20.Juni 1903 zeigt ganz anschaulich, wie die Trambahnplanung in München unterschiedlich gesehen wurde, vor allem auch die Umsetzung.
Eine Luftaufnahme des Harras, die nur kurze Zeit nach diesem Zeitungsartikel entstand, zeigt die Bebauung damals rund um den Harras und links unsere Unterführung der Forstenriederstraße mit der Bahnstrecke. Längs der inzwischen mit Trambahnen erschlossenen Straßenzüge siedeln sich sofort Häuser an.
Dieses Bild entstand am 28.September 1962 und zeigt den Aufgang zum Bahnhof Forstenriederstraße der Bundesbahn.
Die Oberleitung der Trambahn vom Harras Richtung Waldfriedhof ist mit Schutzbrettern von der alten Eisenkonstruktion der Unterführung isoliert.
Das Bild aus dem Jahr 1962 zeigt die Forstenriederstraße im Jahr ihrer Umbenennung in Albert-Roßhaupter-Straße. Oben an der Bahn der Vorortbahnhof Mittersendling.
1966 ist die Albert-Roßhaupter-Straße wie viele Straßen dieser Zeit noch gepflastert. In diesem Jahr am 26. April 1966 wurden die Olympischen Spiele 1972 nach München vergeben. Die S-Bahnplanungen begannen.
Am 13.Dezember 1970 wird die Brücke an der Albert-Roßhaupter-Straße im Rahmen des S-Bahnbaus komplett ersetzt. Dafür wurde die alte Eisenbahnbrücke mit 18 Meter Breite abgerissen und zunächst durch 6 Hilfsbrücken ersetzt, um den Verkehr der Bundesbahn nicht zu unterbrechen. Dann wurden die neuen Widerlager gebaut, die eine 30m breite pfeilerfreie Unterführung möglich machten. Drei je 110 Tonnen schwere Stahltrogüberbauten wurde zuletzt mit schweren Bahnkränen in ihre Position gebracht. Die Albert-Roßhaupter-Straße wurde dabei 60cm tiefergelegt, um auch wieder für den Schwerlastverkehr passierbar zu werde, was wegen der schwierigen Grundwasserverhältnisse an dieser Stelle sehr schwierig war. Alle Arbeiten wurden ohne Beeinträchtigungen des Trambahnverkehrs durchgeführt.
Nachkriegsverkehr bei der inzwischen neu gebauten Unterführung an der Albert-Roßhaupter-Straße. 1972 kam hier noch ein S-Bahnhof dazu.
Ein Blick 1974 in die Unterführung an der Albert-Roßhaupter-Straße mit dem neuen Aufgang zum neuen S-Bahnhof, der nun Harras heißt.
Auch in den folgenden Jahre würde der Trambahnverkehr rund um diese Unterführung durch den U-Bahnbau vom Harras weiter nach Holzapfelkreuth schwer eingeschränkt, aber mit zur Seite verlegten Gleisen auch während der Bauzeit immer aufrecht erhalten.
Der M5-Tw 2614 in der Albert-Roßhaupter-Straße auswärts am 1.September 1974. Die Trambahn hatte damals ein geschottertes eigenes Gleisbett.
Im Jahr 1975 ist das verschwunden und die Trambahntrasse ist geteert und für Einsatzfahrzeuge befahrbar.
Trambahnverkehr während des U-Bahn-Baus für die Strecke der U6 nach Holzapfelkreuth und später weiter zum Klinikum Großhadern.