Die Pferde der Pferdebahn in München
E. Otlet hatte die ersten achtundvierzig Trambahnpferde seinerzeit aus Prag kommen lassen. Er schätzte die ungarischen Kaltblüter als besonders geeignete Pferde für den Trambahnbetrieb. Auch als das Unternehmen bereits in einheimischer Hand lag, kaufte es aus dem Ausland die besten und geeignetsten Pferderassen, damit ein reibungsloser Betrieb gewährleistet war. Den Mehraufwand, welchen der Ankauf von ausländischen Pferden bedeutete, scheute er dabei nicht. Um die stärksten befahrenen Linien im Sommer durchweg mit offenen Wagen betreiben zu können, werden stärkere Pferde notwendig. Deshalb wurden 27 sog. Ardenner Pferde gekauft, die den erhöhten Kaufpreis bedingten. Im Durchschnitt kosteten die Pferde zwischen 700 und 800 Mark. Neben einer besonderen Vorbildfunktion des Unternehmens gegenüber anderen Pferdenutzern bedingte vermutlich vor allem der hohe Ankaufspreis die außerordentliche Pflege der Pferde. Das bedeutet, dass die Anzahl an beförderbaren Personen, zum Beispiel in einer Trambahn auf circa zwanzig Personen begrenzt war. Da jedes Pferd täglich nur 2-21/ 2 Stunden eingesetzt werden konnte, waren bei 12-13 Betriebsstunden für jeden Wagen 6 Zugtiere erforderlich. Nach 5-6 Jahren konnten die Tiere den schweren Dienst nicht mehr leisten und mussten im Durchschnitt um 200-300 Mark pro Stück verkauft werden.
Zu einer Pferdebahn gehört ein großes Service-Team vom Stallmeister, Futterknecht, Schmied bis zum Pferdearzt. Ein unbekannter Fotograf hat diesen Pferden und ihren Betreuern ein kleines Denkmal gesetzt mit einer Serien von Bildern der Pferde und ihrer Betreuer. Die Bilder entstanden Ende des 19. Jahrhunderts auf dem Balkon im 1.Stock des Depot an der Äußeren Wienerstraße.
Die Pferdekennerin Britta von Voithenberg ist die Verfasserin einer wichtigen Arbeite zum Thema „Das Münchner Trambahnpferd als Urbanisierungsmotor in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts„, aus der wir hier mit der freundlichen Genehmigung der Autorin zitieren, hat uns versichert, dass man einem Pferd alleine von der Haltung ansieht, ob es sich wohl fühlt. Sie hat uns bestätigt, dass die Pferde auf diesen Bildern einen zufriedenen Eindruck machen.
Viele Pferde waren aber auch für andere Arbeiten eingesetzt: die Pferdebahnbetreiber mussten auch für Schneeräumung, saubere Straßen und allerlei Transportdienste sorgen.
Pferdestatistik der Münchner Pferdebahn-Zeit
- 21.Oktober 1876 zur Eröffnung startete der Betrieb mit 48 Pferde.
- Zum 25.Februar 1878 gab es 146 Pferdebahn-Pferde.
- Am 1.Augsut 1882 war die Anzahl schon auf 198 Pferde gestiegen.
- Am 30.Juni 1883 zeigte die Statistik schon 304 Pferde
- Im Geschäftsbericht vom 30.Juni 1884 sind 315 Pferde genannt.
- Der 30.Juni 1885 wies 316 Pferdebahn-Pferde aus.
- Zum 30.Juni 1886 gab es nur noch 307 Pferde im Betrieb.
- Am 30.Juni 1887 zählte man 313 Pferdebahn-Pferde.
- Ein Jahr später am 30.Juni 1888 waren es mit 417 Pferde hundert Pferde mehr.
- Neue Strecken benötigten zum 30.Juni 1889 schon 434 Pferde.
- Die Bilanz vom 30.Juni 1890 erwähnt 511 Pferdebahnpferde.
- Das Jahr darauf am 30.Juni 1891 verrichteten 542 Pferde ihren Dienst.
- Der 30.Juni 1892 wies 649 Pferde im Betriebsbuch aus.
- Am 30.Juni1893 spricht der Jahresbericht von 696 im Einsatz.
- Der Höchststand wird am 30.Juni 1894 mit 758 aktiven Trambahn-Pferden erreicht.
- Etwa die selbe Zahl von 755 Pferden taten am 30.Juni 1895 Dienst.
- Obwohl nun schon die Elektrische fuhr, gab es am 30.Juni 1896 noch 699 Pferde.
- Hohe Pferdezahlen nochmal am 30.Juni 1897 mit 736 Pferdebahnpferden.
- Die Zahl der Pferde war am 30.Juni 1898 auf 666 gesunken.
- Der Pferdebestand senkte sich bis zum 30.Juni 1899 auf 579 Stück.
- Die letzte Zahl der Pferdebahn-Pferde wir am 30.Juni 1900 im Einstellungsjahr mit 251 genannt.
Verbrauchsdaten Zugpferd (1900):
- Die Pferderation bestand täglich durchschnittlich in
- 8,496 Kilo Hafer,
- 3,752 Kilo Heu,
- 0,750 Kilo Häckselstroh
- Streu aus 2,616 Kilo Stroh
…und das bei fast 600 Pferden im Dienste der Tram
Ein Bild vom Sendlingertorplatz im Jahr 1897 mit Mischbetrieb: vorne sind noch 2 Pferdetrambahnen zu sehen, während die Linie Färbergraben zum Isartalbahnhof schon elektrisch fährt.
Im Depot an der Wilhelmstraße gab es 1900 ein würdiges Abschiedsfoto für die Pferde der Pferdebahn in München. Hier stehen alle nebeneinander, die Pferde, die Pferdebahnwagen und die ersten Elektrischen in diesem Depot und die Mitarbeiter. Hier wird einem auch klar, wieviel verschiedene Berufe den Pferdebahn-Betrieb in München am Laufen hielten.
Das sind übrigens die beiden letzten Pferde bei der Münchner Trambahn: kaum zu glauben, das Bild entstand 1951 am Romanplatz bei Oberleitungsarbeiten: die alten hölzernen Turmwagen hatten den Krieg überlebt und Pferde waren eine zuverlässige Antriebskraft bei Problemen mit der elektrischen Trambahn.