1896 war ein wichtiges Jahr in der Münchner Trambahngeschichte: der Generallinienplan von 1895 wurde nach und nach umgesetzt und mit der parallel laufenden Elektrifizierung der Münchner Trambahn wuchs das Trambahnnetz gerade in der Innenstadt enorm, weil die ersten die Innenstadt durchführenden Linien geschaffen wurden.
Das Tal im Jahr 1884 noch ohne Trambahn. Das Tal war Teil der ehemaligen Salzstraße, die vom Isartor zum Marienplatz (vormals Schranneplatz) führte. Ein Schriftstück aus dem Jahr 1253 bezeugt, daß die Straße mindestens seit dem 13. Jahrhundert „Tal“ genannt wird.
1888 begann der Trambahnverkehr im Tal. Damals war es noch eine Pferdetrambahn-Linie. Die wichtigen Leute und Honoratioren der Stadt posieren auf dem Foto von diesem Ereignis mit Frack und Zylinder vor dem Isartor, wo die Trambahnlinie von 1877 bisher vom Sendlinger-Tor-Platz kommend endete. Ab 1878 führte die Strecke sogar vom Isartor bis zum Ostbahnhof über den Rosenheimer Berg.
Bald wurde der Wunsch groß, auch in der Innenstadt eine Wendeschleife nutzen zu können. Durch die enge Bebauung der Innenstadt war das Anlegen einer solchen Schleife fast unmöglich. Die bekannte Talschleife wurde dann im Jahr 1912 geschaffen und führte vom Tal durch die Maderbräustraße, Ledererstraße und Hochbrückenstraße zurück zum Tal. Die Schleife konnte in beide Richtungen befahren werden. Sie wurde 1954 außer Betrieb genommen.
Im Steigungsprofil von 1898 sieht man die Steigungen und Abfälle vom Marienplatz bis zur Isarbrücke. Solche Pläne waren sehr wichtig zur Ermittlung der Steigung, die für die damaligen Triebwagen mit diversen Anhängern zu meistern waren.
Original und Fälschung: die Pferdetram unterwegs in der Ledererstraße. Da die Pferdetrambahn 1900 eingestellt wurde, diese Talschleife über die Ledererstraße aber erst 1912 gebaut wurde, stellen sich einige Fragen zu dem linken Bild: es handelt sich um ein Standfoto aus einem Film, der in der Nachkriegszeit mit dem restaurierten Pferdetram-Wagen gedreht wurde, der damals noch die originalen Trambahnachsen für Schienenbetrieb besaß. Das rechte Foto zeigt die gleiche Stelle in der Ledererstraße im Jahr 1913, ein Jahr nach dem Bau der Talschleife.
Die Hochbrückenstrasse hat ihren Namen von der Hochbrücke. Die Brücke lag im Tal an der Stelle, an der die Salzstraße den Kaltenbach, der später Katzenbach genannt wurde, überquerte. Anstelle des Bachs verlaufen an dieser Stelle heute der Radlsteg nach Süden und die Hochbrückenstraße nach Norden. Im Bild die elegante Trambahnkurve in die Hochbrückenstraße 1932.
Lederer ist der „moderne“ Namen für die Gerber, die damals in der Lederergasse, wie die Strasse bis 1835 hieß, angesiedelt waren. Sie nutzen den Katzenbach und Pfisterbach für ihre Abwässer. Bis heute heißt sie nun Ledererstraße. Die Aufnahme vom 1.Juli 1924 zeigt das Gleis der Wendeschleife im Tal in der Ledererstraße.
Bierrevolution im Maderbräu 1844
Vor allem die ärmere Bevölkerung trinkt im 19. Jahrhundert Bier nicht allein des Genusses wegen. Man darf nicht vergessen, dass Trinkwasser damals nicht so sauber war wie heute. Nicht zuletzt wegen des Reinheitsgebotes war Bier also in der Tat als flüssiges Brot ein sauberes Grundnahrungsmittel. Entsprechend sauer reagiert deshalb der Soldat Korbinian Stiglmayr, als er am 1. Mai 1844 im Wirtshaus Maderbräu für seine Maß statt fünf plötzlich sechseinhalb Kreuzer zahlen soll. Zum Vergleich: Ein Tagelöhner kommt zu jener Zeit gerade mal auf 40 Kreuzer im Monat. Spontan solidarisieren sich die übrigen Gäste mit dem erbosten Stiglmayr Korbinian, ein Wort gibt das anderes, bis das gesamte Mobiliar des Maderbräu zu Kleinholz verarbeitet ist. Am nächsten Tag bricht sich der Volkszorn richtig Bahn, denn erst kurz zuvor hatte Ludwig I. bereits den Brotpreis empfindlich angehoben. Tausende randalieren in Brauhäusern und Biergärten gegen die neuerliche Teuerung. Die Polizei muss das Militär zur Hilfe rufen, hat aber die Rechnung ohne die durstigen Soldaten gemacht. Die solidarisieren sich mit den Bier-Rebellen.
Die Maderbräustraße hat natürlich den Namen vom Maderbräu, das hier gebraut wurde, gleichnamig das Lokal an der Ecke Maderbräustraße/Tal. Schneiderweiße aus Kelheim übernahm Maderbräu und so ist heute hier das legendäre Weisse Bräuhaus.
Linienchronik für die Talschleife
Am 28. Juli 1912 wird die Talschleife (Hochbrückenstraße – Ledererstraße – Maderbräustraße) in Betrieb genommen. Von hier starten ab jetzt die Wagen der Linie 15 zur Theresienwiese.
Eine alte kolorierte Postkarte aus unserem Archiv zeigt einen Wagen der Linie 15 vom Tal kommend auf der Schleife an der Kobellstraße am Oktoberfest.
Update 2018
Da die Fahrwege für unsere Pferdetrambahn beim Stadtgründungsfest immer schwieriger werden durch die Ausweitung der Fußgängerzone, die wir leider nicht befahren dürfen, wurde 2018 der Kurs der Pferdetram leider vom Marienplatz wegverlegt und führte teilweise auf den alten Wegen der Talschleife. Hier biegt der Wagen der Pferdetram aus der Ledererstraße in die Hochbrückenstraße, diesmal auf Gummireifen.
Daher braucht man auch 2 Pferde zum ziehen einer Pferdetrambahn, weil Gummi deutlich schlechtere Abrolleigenschaften hat wie Stahl auf Stahl bei der Trambahn.
© FMTM e.V.
Diese Dokumentation entstand mit der Unterstützung von Peter Hübner, Klaus Onnich, Dieter Kubisch ✟, Florian Schütz und Frederik Buchleitner sowie dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv, dem Staatsarchiv München und besonders dem Stadtarchiv München. Recherchiert, zusammengetragen & umgesetzt hat diese Seite Reinhold Kocaurek.