Tierpark-Schleife

Der Tierpark liegt im Stadtteil Untergiesing-Harlaching. Eingebettet in das Landschaftsschutzgebiet der östlichen Isar-Auen konnte auf dem Gelände ein 40 Hektar großer typischer europäischer Auenwald erhalten werden, der über einen sehr alten Baumbestand verfügt. Ursprünglich lag auf einem Teil des Geländes eine Mühle aus dem 14. Jahrhundert. Diese südlichste Untergiesinger Mühle wurde 1902 abgerissen, mit ihrem Abbruch gelang der Durchbruch für die dauerhafte Gründung eines Zoos für München.

Die erste Trambahnanbindung erhielt der Tierpark von Osten her. Eröffnet wurde dieser Abzweig von der Grünwalder-Linie am 6.Januar 1912 zunächst für Sonderlinien zum neu geschaffenen „Tiergarten“, wie der Tierpark Hellabrunn anfangs noch hieß.

Park & ride mal anders: hier hat der Fotograf Pollitzer ein lohnendes Motiv gefunden: Trambahn & Pferde vor der Harlachinger Einkehr mit dem TW 664 der Linie 17.

Aus den Tiefen der Archive

Anfang des 20. Jahrhunderts setzte rege Bautätigkeit ein und zahlreiche Außenstrecken der Trambahn wurden gebaut. Auch die Bewohner des sogenannten Sendlinger Unterfelds forderten lautstark,eine direkte Trambahnanbindung an die Innenstadt, um lange Fußwege zu den bereits bestehenden Linien zum Isartalbahnhof oder zum Harras vermeiden zu können. So plante die Direktion der Städtischen Straßenbahnen eine neue Zweigstrecke auf der Trasse Lindwurmstraße  – Thalkirchen.

Die Archive sind voll von historischen Planungsunterlagen, denn nicht anders wie heute wurden viele Strecken & Varianten geplant & verworfen. Im Stadtarchiv schlummern diese dicken Ordner und ich versuche sie auf unseren Publikationen etwas abzustauben und zu erzählen.

1902 gingen erste Planungen einer Trambahn nach Thalkirchen schnurstraks durch die Thalkirchnerstraße und dann mit Haken in die Emil-Geis-Straße bis direkt vor die Kirchentüre der Wallfahrtskirche St. Maria in Thalkirchen. Damals war der Tierpark noch nicht mal geplant.

Unglaublich: im Jahr 1906 gibt es den Vorschlag des Magistrats, die Isartalbahn in Großhesselohe enden zu lassen und die dorthin auswärts führende Trasse der Eisenbahn für die Trambahn zu nutzen. 

Im April 1910 konkretisierten sich die Planungen zum Endpunkt am Tierpark und nicht an der Kirche. Man stellte sich eine Kehrschleife vor dem Bahnhof Thalkirchen der Isartalbahn vor.

Acht Monate später zeichnete man im Dezember 1910 gleich eine Weiterführung der Trambahn über die Tierparkbrücke nach Siebenbrunn ein und vielleicht eine Schleife zum Candidplatz…..

Die Gedanken sind frei: Die Münchner Trambahn Actiengesellschaft stellt in einer Kosten-Kalkulation eine Trambahnstrecke über den Greiner Berg als Variante vor.

Eine Linienführung durch die Implerstraße scheidet lange bei der Streckenplanung zum Tierpark aus, da Grundstück des Kunstgärtners Roth und der Holzhandlung Halling die Trasse im Bereich der Einmündung in die Brudermühlstraße behindern.

Daher wird eine Abzweigung der neuen Strecke von der Lindwurmstraße entweder an Goetheplatz oder durch die Adlzreiterstraße zur Tumblingerstraße und weiter zum Gotzinger Platz geplant. Vor dort gäbe es zwei Varianten: einmal durch die Gotzingerstraße zur Thalkirchnerstraße oder durch die Valleystraße zur Implerstraße. Man muß sich die örtlichen Gegebenheiten hier etwas anders wie heute vorstellen, denn 1906 wurde zwar die Schule am Gotzinger Platz gebaut, die markante Kirche aber erst 1925. 

Bis ins Jahr 1911 waren dann alle baulichen Probleme in der Implerstraße beseitigt und alle obenstehenden Trassen verworfen und man zog in den neuesten Planungen die Schleife etwas weiter zurück zur Tierparkbrücke. Doch auch diese Variante sollte nicht umgesetzt werden.

Soweit mal ein kleiner Blick des Archiv-Wurms in die Hexenküche der Trambahnplanung Anfang des 20. Jahrhunderts. Für mich bleibt das Resumee: besser lange geplant und dafür das Optimale gefunden, – das gilt für damals und für heute.

Am 13. Februar 1912 stellte man die Planungen dem Magistrat vor, der sie dann auch genehmigte. Die neue Linie wurde von der Lindwurmstraße abbiegend durch die Implerstraße angelegt und führte weiter durch die Thalkirchnerstraße und die Pognerstraße verlaufend zu einem als Häuserblockschleife gestalteten Endpunkt durch Pogner-, Schäftlarn- und Alfred-Schmidt-Straße. Die Bauzeit für die etwa 2,7 km lange Strecke betrug nur drei Monate.

Der Bahnhof „Thalkirchen“ der Isartalbahn

Der Bahnhof München-Thalkirchen wurde am  10.06.1891 eröffnet und befand sich südlich der Tierparkstraße im Bereich zwischen der Bebauung an der Maria-Einsiedel-Straße und des Mühlbaches. Der elektrischer Betrieb begann am 15.01.1900. Im Norden befand sich eine Ladestraße mit drei Gleisen. Unmittelbar am südlichen Bahnhofskopf begannen die Anlagen des Betriebswerks Thalkirchen. Am 31.05.1964 wurde die Isartalbahn und der Bahnhof Thalkirchen ausgelassen.

Ausflugsverkehr zum Tierpark Ende der 1930er Jahre: Ein vom A1-Triebwagen 302 geführter Dreiwagenzug der Linie 18 entlässt seine Fahrgäste an der Ausstiegshaltestelle.

Bereits 1912 stand schon ein hölzernes Wartehäuschen mit WC-Anlage an der Schleife am Tierpark.

In dieser Zeit hatten die Wartehäuschen noch die Vorherrschaft vor dem Automobil-Verkehr, der in dieser Lage und zu dieser Zeit sehr gering war: die Trambahn konnte in der ersten Rechtskurve der Wendeschleife mitten auf dem Platz ein- und aussteigen lassen. 

Am 17. Juli 1934 entstand diese Aufnahme von der Neutrassierung der Gleise in der Implerstraße. Die Arbeiten fanden unter rollendem Rad statt.

Der starke Fahrgastandrang an Wochenenden zum Tierpark wurde auch durch Einsatzwagen bewältigt, die im Hinterstellgleis der Schleife Thalkirchen auf die Rückkehr der Fahrgäste warteten. Wir sehen am 22. Juni 1952 die deutlich ramponierten Wagen 380 und 391 (B/B-Zwillingswagen).

Sauwetter in Thalkirchen: Bei nasskalter Witterung wartet ein A/c-Zug mit dem A 3.1-Tw 327 am 15. März 1952 an der in der Schäftlarnstraße liegenden Einstiegshaltestelle.

Langsam rollt der Heidelberger-Zug 726/1506 am 31. Juli 1970 aus der Schäftlarnstraße in die Alfred-Schmid-Straße. Die ersten Bauarbeiter sind dort bereits mit dem Umbau der Straßenlage beschäftigt.

Der M4-Tw 888 + m4-Bw 1725 in der Pognerstraße kurz vor der Endhaltestelle Thalkirchen am 30.7.1970

Trotz der umfangreichen Modernisierungen in die Infrastruktur der Tierparklinie zeichnete sich jedoch ein jähes Ende der Strecke ab. Zwischen Freimann und dem Goetheplatz stand seit 1965 Münchens erste U-Bahn-Linie im Bau und auch für deren Verlängerung zwischen Goetheplatz und Harras sollten noch vor der Inbetriebnahme der U6 die Bagger rollen. Während die Tunnelröhren unterhalb der Lindwurmstraße im Schildvortrieb ohne Behinderung des Oberflächenverkehrs aufgefahren werden konnten, mussten der Bahnhof Implerstraße und die Abstellanlage in offener Baugrube erstellt werden. Eine aufwändige Verlegung der Gleise – wie an anderen Stellen vollzogen – lehnte man auf der Tierparklinie wegen zu geringer Fahrgastzahlen als nicht wirtschaftlich ab und so brachte der U-Bahn-Bau das Ende dieser Trambahn strecke mit sich. Der letzte Betriebstag wurde auf den 31. Juli 1970 festgelegt, fast auf den Tag genau 58 Jahre nach der Eröffnung der Linie.

Nächtliches Treiben der Münchner Verkehrsfreunde in der Einstellungsnacht: Vor der Abfahrt des letzten Trambahnzugs in Thalkirchen befestigt der Verkehrsfreund Heinz Skrzypnik ein selbst gestaltetes Plakat,im Wartehäuschen der Endhaltestelle. Der Wagenführer und die Schaffnerin des letzten Kurswagens werden vor dem Abschiedsplakat verewigt. Die letzte Trambahn in Thalkirchen steht um 01:18 Uhr zur Abfahrt bereit: Der als 15. Kurszug der Linie 20 eingesetzte Zug besteht aus dem M3-Triebwagen 801 und dem m2-,Beiwagen 1606. Der Zug rückt in den Betriebshof 7 an der Schlierseestraße ein.

Linienchronik der Tierpark-Schleife

Wendpunkt der Linie 18 war von 06.12.1935 bis 21.09.1944 die Tierparkschleife.

Der A1-Tw 302 an der Ausstiegshaltestelle Thalkirchen Tierpark auf der Linie 18 im Jahr 1938

Erster Besuch der Linie 20 war der 01.12.1924 an der Tierparkschleife und das ging bis zum 05.12.1935. Im Nachkriegsverkehr wendete die Linie 20 hier vom 21.03.1949 bis zur Einstellung der Strecke am 01.08.1970, die klassische Tierparklinie.

Linie 20 mit dem M3-Tw 782 als Solo-Tw an der Endhaltestelle Thalkirchen Tierpark im Juni 1954

Startlinie am Tierpark war die Linie 26 vom Kölner Platz zum Tierpark vom 01.08.1912 bis zum 01.12.1924.

Ein Wagen der Linie 26 kurz vor der Abfahrt zu seine Ziel Tiergarten, wie Hellabrunn in seinen Anfangstagen hieß.

Linie 38 benutzte die Tierparkschleife vom 06.12.1935 bis zum 29.08.1939. Damals war Linie 38 noch keine Baustellen-Tramlinie.

Dieses Bild ist der ganze Stolz unseres Archivars: nach jahrzehntelanger Suche das einzige Bild dieser Linie vor dem Krieg!

U-Bahnhof Thalkirchen | Tierpark

Der Bahnhof Thalkirchen wurde vom U-Bahn Referat in Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Karg & Kessler geplant. Die Wand- und Bodengestaltung stammen von der Künstlerin Ricarda Dietz, die auch zahlreiche andere U-Bahnhöfe geprägt hat. Der säulenlose Bahnsteig ist sehr hell gestaltet, die weißen Deckenpaneele in Längsrichtung sind lediglich durch gelbe Querstreben alle paar Meter unterbrochen. Die Bahnsteigmöblierung wirkt fast minimalistisch angesichts des geraden und damit sehr übersichtlichen Bahnsteiges. Die Lichtgestaltung bezieht sich bewusst ausschließlich auf den Bahnsteigraum, auch die Wandgestaltung endet weit unterhalb des Deckenraumes, der hier optisch quasi ausgeblendet wird. Die Wände werden von verschiedenen Tiermotiven geziert, die von der Künstlerin Ricarda Dietz in komplizierter Schablonen- und Einbrenntechnik auf die Wandelemente aufgebracht wurde. Sie knüpfen damit bereits im U-Bahnhof direkt an den Tierpark Hellabrunn an, der sich in unmittelbarer Nähe zum U-Bahnhof am Ostufer der Isar befindet. Der Tierpark ist damit mit nur kurzem Fußweg direkt per U-Bahn aus der Innenstadt erreichbar, was insbesondere für München-Touristen von großer Bedeutung ist. Da der Bahnhof relativ flach unter der Erde liegt, war es möglich, ihn mit Rampen direkt mit der Oberfläche zu verbinden. So gelangt man am Südende des Bahnsteigs über eine Rampe direkt in den Isarufer-Park, der dem Tierpark Hellabrunn vorgelagert ist. Im Zwischengeschoss sowie der anschließenden Rampe zum Bahnsteig finden sich an Wänden und am Boden Tiermotive, unter anderem als Mosaike. Am nördlichen Bahnsteigende gelangt man über Fahr- und Festtreppen in ein kleines Zwischengeschoss und von dort an die Oberfläche beidseits der Pognerstraße.

© Bild & Text: Florian Schütz //www.u-bahn-muenchen.de

© FMTM e.V.

Diese Dokumentation entstand mit der Unterstützung von Peter Hübner, Klaus Onnich, Dieter Kubisch ✟, Florian Schütz und Frederik Buchleitner sowie dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv, dem Staatsarchiv München und besonders dem Stadtarchiv München. Recherchiert, zusammengetragen & umgesetzt hat diese Seite Reinhold Kocaurek.

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