Die Triebwagen vom Typ E
Da die Städtischen Straßenbahnen in den Kriegs- und Inflationsjahren keine neuen Fahrzeuge beschaffen konnten, entstand ein erheblicher Wagenmangel, der 1925 und 1926 durch den Kauf von 100 Dreiwagenzügen der Bauart E/e/e behoben wurde. Die 100 Triebwagen waren länger als die der früheren Serien und hatten erheblich größere, erstmals durch Türen ganz abgeschlossene Plattformen. Obwohl diese Fahrzeuge nach dem damaligen Stand der Technik durchaus modern waren und ganz gut aussahen, übte die Bevölkerung starke Kritik. Die unbeliebten Längssitze, die schweren „fingergefährdenden“ Türen und nicht zuletzt die Bestellung des überwiegenden Teils bei nord- und ostdeutschen Firmen füllten damals manche Zeitungsspalte mit bissigen Artikeln und Leserbriefen. Der in Fensterhöhe dunkelgrau und unten dunkelblau gehaltene Anstrich entsprach auch nicht den Wünschen der Münchner. Die Lieferung der E1- und E2-Triebwagen erstreckte sich von September 1925 bis März 1926, die E3-Triebwagen folgten im Sommer 1926.
Wie alle Vorgängerserien, waren auch die E-Wagen bei der Auslieferung Zweirichtungsfahrzeuge; erst nach den großen Fahrzeugverlusten des Jahres 1943 begann man, die E-Wagen zum Einrichtungsbetrieb umzubauen, damit man Türen und Fahrschalter für Wiederaufbauten und Reparaturen frei bekam. Bereits bei der Lieferung waren die E-Wagen mit Scheinwerfern ausgestattet. Das erstmals verwendete Schleppdach, in dem die drehbaren Richtungsschilder und die Signallampen für die farbigen Linsen integriert waren, gab den Fahrzeugen ein modernes Aussehen. Die Seitenwände waren unter den Fenstern nur mehr in ein großes blaues Feld über der Außenbrüstungsleiste und ein kleineres darunter gegliedert. Die blaue Fläche der Plattformen war durch schwarze Leisten in drei Abschnitte unterteilt.
Die E-Wagen wurden in ihren ersten Jahren auf nahezu allen wichtigen Durchgangslinien des Münchner Trambahnnetzes (vor allem 1, 6 und 7) sowie der Überlandstrecke nach Grünwald eingesetzt. Nach Auslieferung der F-Wagen (1930) glichen die Städtischen Straßenbahnen die Lackierung der älteren Fahrzeuge diesen an und so erstrahlten die E-Wagen erstmals im heute gewohnten weiß-blau. Der Luftkrieg zerstörte zwischen Dezember 1942 und Mai 1945 insgesamt 37 E-Triebwagen komplett. Auf deren Fahrgestellen und Rahmen entstanden zwischen Dezember 1943 und Juni 1946 insgesamt 19 vereinfachte G- und 18 K-Triebwagen. Die Triebwagen 582 und 608 wurden im Juli 1945 nach schweren Zusammenstößen ausgemustert. In den 1950er-Jahren modernisierte man die verbliebenen 61 E-Wagen, indem man sie mit Sicherheitsverglasung, Magnetschienenbremsen und Einheitsfahrschaltern ausstattete. Auch die zweiteiligen Schiebetüren zwischen Plattformen und Wageninnerem wurden entfernt.
Zwischen 1950 und 1954 wurden alle E-Triebwagen mit Scherenstromabnehmern ausgerüstet. Sofern noch nicht während des Kriegs geschehen, wurden die Fahrzeuge zum Einrichtungsbetrieb umgerüstet. Nach der Modernisierung der Schneepflug-Vorspannfahrzeuge (1960/61) erhielt ein Teil der E-Triebwagen Druckluftanschlüsse an der Stirnseite.
Im Sommer 1926 steht ein fabrikneuer Zweiwagenzug der Serie E/e mit dem führenden Triebwagen 589 an der Endhaltestelle Hofmannstraße der Linie 6 zur Fahrt nach Schwabing bereit.
Typ E Triebwagen 553 auf der Linie 2 am Hauptbahnhof Süd
Vierachsiger Maximumwagen
- Typ: E 1.8
- Betriebsnummer: 586-605
- Stückzahl: 20
- Hersteller: MAN Nürnberg
- Baujahr: 1925
MAN-Werkfoto des TW 604 vor der Auslieferung: deutlich sieht man die vielen Details und Zubehörteile, die diese Wagenserie bei späteren Überarbeitungen verloren hat. Der Metallbogen über dem Liniennummer-Kasten diente als Schutz vor dem Stangerl und dessen Schnur.
Die 20 1925 von MAN gebauten E 1.8 Triebwagen wurden mit den neuen Maximumdrehgestellen mit Pressblech-Seitenwangen und erstmalig auch mit Rollenachslagern ausgestattet. Wegen ihrer auch erstmalig nicht mehr traditionell weiß-blauen Lackierung mißfielen sie den Münchnern. 5 Triebwagen fielen dem Krieg zwischen 1943 und 1945 zum Opfer. Auf drei Rahmen und Fahrgestellen 1943 zerstörter Triebwagen wurden 1943-1945 drei G 1.8 Triebwagen im RAW Neuaubing neu aufgebaut. Auf den Rahmen und Fahrgestellen der 1945 zerstörten zwei Wagen wurden bei Rathgeber 1945/1946 zwei K 1.8 Triebwagen aufgebaut. Die restlichen E 1.8 Triebwagen wurden in den 50er Jahren modernisiert. Der erste E 1.8 Triebwagen wurde 1963 ausgemustert, weitere Ausmusterungen erfolgten 1964, 1968 und der Rest 1969. Die Triebwagen 586 und 587 wurden 1963 in die Werkstattwagen W 12.8 Nr. 74 und 75 umgebaut.
Die Farbgebung im Lieferzustand was blau/grau, wie diese 1925 colorierte Original-Bauskizze zeigt.
Vierachsiger Maximumwagen
- Typ: E 2.8
- Betriebsnummer: 526-585
- Stückzahl: 60
- Hersteller: Linke-Hoffmann Breslau
- Baujahr: 1925/1926
Die 60 von Linke-Hofmann-Lauchhammer in Breslau 1925/1926 gebauten E 2.8 Triebwagen waren mit den E 1.8 Wagen nahezu identisch. Von ihnen fielen zwischen 1943 und 1945 28 Wagen dem Krieg zum Opfer. Auf brauchbaren Rahmen und Fahrgestellen der 1943 und 1944 zerstörten Wagen wurden im RAW Neuaubing ein Teil der G 1.8 Triebwagen neu aufgebaut. Auf Rahmen und Fahrgestellen von 1945 zerstörten Wagen wurden 1945/1946 die K 1.8 Triebwagen größtenteils bei Rathgeber neu gebaut.
Auch die E 2.8 Triebwagen wurden in den 50er Jahren modernisiert und ab 1964 bis 1969 dann ausgemustert. Erhalten blieb dank des persönlichen Einsatzes von Herrn Pollitzer der Wagen 539 und über den Umweg über einen Tennisclub in Wolfratshausen und dem Trambahnfreund Herrn Schwaab auch der Wagen 532.
Dieser Wagen steht vor dem
Mit der Auslieferung der letzten M-Wagen-Serie M 5.65 konnte ab 1963 auf die E-Wagen verzichtet werden, ihre Ausmusterung fand in zwei großen Wellen 1964 und 1968/69 statt. Der Tw 539 wurde von dem großen Freund der Münchner Tram Herrn Pollitzer gerettet, dem das MVG-Museum auch die umfangreiche Sammlung von Gemälden der Münchner Tram verdankt.
Aufnahme vom 18. Dezember 2005 Betriebshofs 2 in Steinhausen. Aufnahme: Peter-Michael Hübner
Der Triebwagen 539 und der Beiwagen 1472 standen bis zum 5. Januar 1969 bzw. 2. Juli 1968 im Einsatz und wurden nach ihrer Ausmusterung von dem Trambahnfreund Johann Pollitzer gekauft,
Der 539er steht nach einem Graffiti-Anschlag nun sicher in einer Abstellhalle. 12.6.2016
Technische Daten der E 2.8-Wagen:
- Gesamtlänge: 10,60 m;
- Breite: 2,05 m;
- Höhe: 3,28 m;
- Drehgestell-Mittelabstand: 3,70 m;
- Gewicht: 16,5 t;
- Antrieb: Zwei Motoren á 60 PS (Type Du 531e) der Firma Siemens-Schuckert-Werke, Berlin;
- 28 Sitzplätze, 48 Stehplätze;
Vierachsiger Maximumwagen
- Typ: E 3.8
- Betriebsnummer: 606-625
- Stückzahl: 20
- Hersteller: Schöndorf Düsseldorf
- Baujahr: 1926
Auf die E 1.8 und E 2.8 folgten 1926 noch 20 weitere E 3.8 Triebwagen von Schöndorff aus Düsseldorf. Auch sie waren mit den E 1.8 weitgehend identisch. Von ihnen fielen zwischen 1943 und 1945 sechs Wagen dem Krieg zum Opfer. Auf Rahmen und Fahrgestellen von 1943/1944 zerstörter Wagen wurden im RAW Neuaubing 1943-1945 ein Teil der G 1.8 Triebwagen neu aufgebaut. Aus noch brauchbaren Rahmen und Drehgestellen von 1945 zerstörten Wagen baute Rathgeber dann einen Teil der K 1.8 Triebwagen neu auf. Auch die E 3.8 Triebwagen wurden in den 50er Jahren modernisiert, schieden dann zwischen 1964 und 1969 aus.
Akribische Buchführung: der damalige Trambahnbetrieb hat uns in einem dicken Ordner aus den Jahren 1925/1926 die kompletten Unterlagen zu Beschaffung & Bau und Beschaffungsabwicklung hinterlassen. Dort sind auch die genauen Liefertermine dieser Typ E Wagen Serien vermerkt sowie die ersten Betriebstag. Der Zeitraum von Lieferung bis Inbetriebnahme war damals unschlagbar.
Der Wagen 624 wurde von Herrn Pollitzer gekauft und blieb daher erhalten. Heute ist er auf der Liste der Erhaltenswerten Fahrzeuge des SWM/MVG und wird aufgehoben für eine spätere Restaurierung.