Die Triebwagen des Typ P 3
Gebaut von: Rathgeber, München (1965)
Mitte der sechziger Jahre war zwar die Entscheidung zum Bau eines U-Bahnnetzes gefallen, dennoch bestellten die Verkehrsbetriebe im Mai 1966 zunächst 22 Gelenktrieb- und 20 Gelenkbeiwagen der Baureihe P bzw. p 3. Im April 1967 wurde diese Bestellung um weitere 20 Trieb- und 18 Beiwagen aufgestockt. Die Anschaffung der von Rathgeber nach Vorbild der Kurzgelenkzüge der Bremer Straßenbahn gebauten Fahrzeuge war auch vor dem Hintergrund der geplanten Stillegung des Münchner Trambahnbetriebes gerechtfertigt. Die Vorkriegswagen der Baureihen D, E und F, auf deren Platzangebot weiterhin nicht verzichtet werden konnte, hatten mit 37 bis 57 Betriebsjahren längst ihre wirtschaftliche Lebensdauer überschritten. Neben den reinen Reparatur- und Wartungskosten spielten vor allem die hohen Betriebskosten eine entscheidende Rolle für deren Ersatz. So benötigt man beim Gelenkzug für 335 Fahrgäste nur einen Fahrer (anfangs auch noch einen Schaffner), während man mit den alten Wagen für die gleiche Verkehrsleistung zwei Fahrer und fünf Schaffner brauchte.
Die Auslieferung der Serie begann im Herbst 1967 und endete im Mai 1969. Die Triebwagen erhielten die Wagennummern 2003 – 2044 und waren somit die ersten Straßenbahnfahrzeuge, die nach dem neuen computerlesbaren Nummerierungsschema eingereiht wurden, wobei die erste Ziffer der grundsätzlich vierstelligen Wagennummer die Fahrzeugart angibt. Die Auslieferung der P-Wagen führte zur vollständigen Ausmusterung der Triebwagen der Baureihen E und K sowie eines Teils der D- und F-Wagen.
Die P-Wagen waren schon beim Neubau für den späteren Betrieb ganz ohne Schaffner ausgerüstet und besaßen u.a. Rangierfahrschalter auf den hinteren Plattformen, Entwerter für Fahrkarten, bei denen die Hin- und Rückfahrt vom Fahrerstand aus umgestellt werden konnte, Druckknöpfe außerhalb und innerhalb der Wagen zum Öffnen der Türen durch die Fahrgäste sowie selbstschließende Türen, die über Trittkontakte gesteuert wurden. In den ersten Einsatzjahren verkehrten die leistungsfähigen P-Wagen ausschließlich auf den stark belasteten Linien 8, 19 und 29. Nach 1972 auch auf den Zubringerlinien zu den Umsteigepunkten zu den Schnellbahnen, so z.B. auf den Linien 13, 16 oder 24. Heute sind diese Wagen auf den Linien 19, 20, 21 und 25 zu beobachten. Ursprünglich besaßen die P-Wagen eine elektronische Fahrsteuerung (Geamatic, ähnlich wie im M5-Wagen), die aber in den letzten Jahren bei allen Fahrzeugen ausgebaut worden ist.
Nachdem lange Zeit nur P3-Wagen nach schwersten Unfällen ausgemustert wurden (2016, 2018 und 2027) stellt sich die Situation inzwischen so dar, daß die P3-Wagen nach Ablauf ihrer Hauptuntersuchungsfrist abgestellt werden.
Diese im April 1968 entstandene Aufnahme zeigt einen Zug, gebildet aus dem Triebwagen 2005 und dem Beiwagen 3005 vor dem ehemaligen Straßenbahnbetriebshof 4 in der Soxhletstraße.
Fahrgestell für einen P-Wagen (Deichsel liegt oben drauf)
Alle reden vom Wetter, der P-Wagen nicht: tapferer Linieneinsatz des betagten 2005er am Stachus bei Wind & Wetter.
Prinzip des Deichsel-Fahrwerks beim P-Wagen Grafik: Dieter Kubisch FMTM eV.
Kurzgelenk-Triebwagen
- Typ: P 3.16
- Betriebsnummer: 2003-2040
- Stückzahl: 38
- Hersteller: Rathgeber
- Baujahr: 1966-1968
Nachdem sich die P-Wagenprototypen wegen ihres enormen Fassungsvermögens und ihrer grundsätzlich guten Fahreigenschaften bewährt hatten, wurden dann ab 1966 42 Serienwagen als P 3.16 beschafft. Bei ihnen wurde noch als Neuerung ein Gelenkstabilisator eingebaut, da die mechanische Gelenksteuerung bauartbedingt ein gewisses Spiel besaß. Dies hatte dazu geführt, dass die Wagen manchmal in der Geraden leicht abgeknickt fuhren und damit die Einhaltung des Lichtraumprofils nicht immer sichergestellt war.
Grundsätzlich wirkten die Münchner P-Wagen mit ihren großen Fenstern und ihren modernen Einholmstromabnehmern wesentlich moderner, als ihre Bremer Vorbilder. Nach Ablieferung aller R 2.2 Niederflurwagen und der fast völligen Abstellung der verbliebenen M-Wagen begann auch schon 1997 die Ausmusterung der ersten P-Wagen. Da schon die Bremer Hansa-Kurzgelenkwagen dankbare Abnehmer in Rumänien gefunden hatten, gingen 1998 zwei P-Wagenzüge nach Bukarest, wo sie allerding nicht mehr eingesetzt wurden. Zwischen 2000 und 2005 wurden 21 P-Triebwagen nach Timisoara abgegeben, wo sie teilweise noch heute in Betrieb sind.
Wir blicken im November 1967 in die Werkshallen von Rathgeber in Moosach. Noch im Rohbau zeigt sich der P-Wagen 2021
Der P-Wagen als Stammgast auf der Linie 8 nach Fürstenried West.
Wagen 2021 im schicken Blümchen-Kleid zur BundesGartenSchau 2005
Bunt und munter im friedlichen Auslandseinsatz fahren heute noch einige Münchner P-Wagen ihre Runden: P-Zug 2041/3027 befährt im letzten Sonnenlicht den Piața Libertății.
Aufnahmen: Frederik Buchleitner
Obwohl die MVG eigentlich die letzten P-Wagen durch die Beschaffung der Variobahnen Typ S 1.4 und S 1.5 ablösen wollte, kann die MVG bis heute nicht auf den Einsatz der letzten P-Wagenzüge im täglichen Betrieb verzichten, da einerseits die Fahrgastzahlen ständig gestiegen sind und andererseits die Variobahnen, aber auch ihre Nachfolger, die Siemens -Avenios nicht so zuverläßig laufen, dass man auf die P-Züge als Reserve verzichten könnte. Auf diese Weise konnten die P-Wagen im Oktober 2017 sogar ihr 50. Betriebsjubiläum feiern! Ein Ehrenplatz im MVG-Museum ist ihnen künftig sicher.
Der P-Wagen 2008 rückt als ‘Tramvaiul Copiilor’ aus dem Depot Dudesti auf die Ringlinie 1 aus. Aufnahme: Victor Silaghi
Begegnung an der Ausweichstelle ‚Balta Verde‘: Der P-Wagen 2003 begegnet seinem ex-Münchner Kollegen 2030. Aufnahmen: Frederik Buchleitner
Das dicke Ende zum Schluss: Asbest im P-Wagen
In den 60er Jahren war Spritzasbest ein beliebtes Dämmungsmittel und zwar sowohl als Wärmedämmung als auch als Schalldämmung bzw. Antidröhnschicht. Großflächige Bleche, wie die Tramkarosserien, neigen im Betrieb zum Dröhnen und werden daher mit Antidröhnschichten beschichtet. Und grundsätzlich ist Spritzasbest auch nicht schädlich, da er durch das Bindemittel gebunden ist und so kein Asbest in die Luft gelangt. Aber bekanntlich ist nichts ewig auf dieser Welt und so ist auch der Spritzasbest durch Alterung, mechanische Beschädigungen, Versprödung des Bindemittels, Arbeiten an der Karosserie nach Unfällen usw. gewissen Prozessen unterworfen, die zu einer begrenzten Freisetzung von Asbestfasern führen können. Nach bald einem Jahrhundert der industriellen Nutzung ist die fast genauso alte Erkenntnis, dass Arbest Lungenschäden bis zum Lungenkrebs auslösen kann, seit einigen Jahren auch in der Gesetzgebung angekommen. Daher ist der Einsatz von asbestbelasteten Fahrzeugen und deren Verkauf heute verboten, wenn die Gefahr der Freisetzung gegeben ist. Die Asbestsanierung ist sehr aufwändig, da sie in hermetisch abgeschlossenen Räumen bei Unterdruck (damit die Asbestfasern nicht in die Umgebung gelangen können) nur durch speziell geschulte und geschützte Spezialisten erfolgen darf.
Aber auch Verschrotten geht ohne vorherige Asbestsanierung nicht, da sonst beim Verschrotten der Asbest freigesetzt würde. Hier zeigt sich wieder mal eine bekannte Problematik der Technik, dass oft besonders günstige und billige Produkte sich dann auf die Gesamtnutzungsdauer als enorm teuer erweisen.
Technische Daten der P 3-Wagen
- Gesamtlänge: 16,70 m
- Breite: 2,35 m
- Höhe: 3,18 m
Gewicht: 23,3 t - Antrieb: Vier Einheitsmotoren á 80 kW (Typ US 5057 a)
- 40 Sitzplätze, 111 Stehplätze
- Wagennummern: 2003 – 2044
- Anzahl: 42 Stück.
Und was bleibt….
Einige Wagen gingen nach Rumänien, andere stehen bei München als Kantine oder verschwinden auf dem Schlachthof als Büro-Räume.
Am liebsten sind uns natürlich die P-Wagen als flotter Museums-Shuttle an den Öffnungstagen. Doch leider macht die Rückspeisung der Avenios & Kollegen oft zu hohe Spannungsspitzen, sodass die Elektrik leidet. So sind die Wagen aktuell abgestellt, eine Garnitur soll fahrbereit bleiben und eine weitere ins MVG-Museum.