Waldfriedhof

Der Name Waldfriedhof ist eigentlich der neue Name für den eheamligen Ort weit vor den Toren Münchens Holzapfelkreuth. Josef Holzapfel erwarb 1858 ein 1844 erbautes Gut, damals am westlichen Stadtrand von München, und ergänzte den Flurnamen Kreuth durch Vorsetzen seines Familiennamens. 1889 wurde Holzapfelkreuth eine Waldwirtschaft.

Diese Landschaft vor den Toren Münchens war Wald- und Wiesenland und weiter von keiner großen Bedeutung. Immer mehr Bauern siedelten sich aber im Gürtel um München an, weil hier gute Geschäfte mit dem Hunger der Münchner Bürger zu machen waren.

Außerdem waren die Münchner recht vergnügungssüchtig und es entstanden rund um München einige beliebte Ausflugslokale, die vor allem an den Wochenenden stark frequentiert waren.

So entstand auch eine in der oberen Karte eingezeichnete Restauration, die man auf einer Fotographie von 1895 sehen kann. Wer also zu dem für den 28.Juli 1872 abgehaltenen Waldfest dorthin kommen wollte, musste mit der Bahn bis Untersendling fahren und von dort waren nur noch eine Stunde Fußmarsch einfach zum Biergarten. 

Das schreit ja förmlich nach einer Trambahnstrecke hierher. Ende des 19.Jahrhunderts gab es schon einen Trambahn bis zum Harras.

Der Bau der Strecke vom Harras zum Waldfriedhof kam vor allem wegen dem Gedanken, alle gerade neu angelegten Friedhöfe der Stadt mit einer Trambahn für das Volk erreichbar zu machen wie auch den Westfriedhof, Ostfriedhof und Nordfriedhof. Hier allerdings gab es ein Problem der Kreuzung der Eisenbahnstrecke nach Deisenhofen auf der Höhe der Fürstenriederstraße, der heutigen Albert-Roßhaupter-Straße. Dieser Bahnübergang war wenig benutzt und Trambahnen konnten nach dem Grundvertrag zwischen Staatsbahn und Magistrat Staatsbahn-Hauptstrecken nicht schienengleich queren. Ab 1898 gab es ein groß aufgelegtes Brücken-Programm der Staatsbahn im Rahmen der Erweiterung des Hauptbahnhofs und der ihn anschließenden Strecken. In dieses Programm kam auch eine Unterführung an der Forstenriederstraße, die dann 1901/1902 umgesetzt wurde..

Ein weiteres Problem waren die Ergebnisse der Rentabilitäts-Berechnungen der ewig klammen MTAG. Um Geld zu sparen wurde eine eingleisige Version mit verschiedenen Ausweichstellen geplant, um dem Magistrat seine Zustimmung zu dieser Strecke zu versüßen.

Erste Planungen sahen eine Schleife etwas westlich der Fürstenriederstraße vor. Diese Planungen wurden wieder verworfen.

Nach der Bauzeit von Herbst 1903 – April 1904 erfolgte am 1.7.1904 die Neuinbetriebnahme  der Strecke Am Harras – Albert-Roßhaupter-Straße – Luise-Kiesselbach-Platz – Waldfriedhofstraße bis Fürstenrieder Straße (damals: Holzapfelkreuth) mit einer Streckenlänge von 2946 Metern. Die Streckenausführung war hauptsächlich eingleisig mit fünf Ausweichen je 100 Meter und 119 Meter Doppelgleis in Holzapfelkreuth. Auch die erste Schleife wurde an diesem Tag in Betrieb genommen.

Auf einer Postkarte von 1910 macht der Wirt des „Waldschlösschens“ natürlich Reklame mit dem modernen Trambahnanschluss bis direkt vor sein Etablissement. Der A-Wagen befährt gerade die Wendeschleife.

Rundherum hat sich viel verändert, aber das alte „Waldschlösschen“ ist als Bauwerk zumindest erhalten und erfreut sich wechselnder Gastronomiebetriebe. 

Am 1.5.1908 ist auf der Strecke vom Harras über die Albert-Roßhaupter-Straße und Luise-Kisselbach-Platz sowie die Waldfriedhofstraße bis Fürstenrieder Straße der durchgängige zweigleisige Betrieb möglich und die Ausweichstellen verschwinden.

Kaum war diese Strecke zum Waldfriedhof eröffnet, plante man gleich mal weiter und wollte eine neue Schleife nahe der Aussegnungshalle eröffnen. in 1908, dem Entstehungsjahr dieses Plans, skizzierte man sogar eine komplette Trambahnanbindung aller Aussegnungsahallen aller Münchner Friedhöfe mit einer Leichenzug-Tram. In Trambahnplanung waren die Münchner schon immer große Extra-Klasse.


Stations & Wartehäuser Waldfriedhof

Kaum jemand würde erraten, an welchen lauschigen Plätzchen im Mai 1940 diese junge Dame die Frühjahrssonne geniesst. Es ist die Wartehalle Holzapfelkreuth, erbaut 1904, abgebrochen 1946 mit schweren Kriegsschäden.

Das neue Stationshaus von 1946 blieb nur ein paar Jahre in Betrieb

Nach der zweite Wartehalle mit Kiosk wurde 1951 das große Stationshaus gebaut, das auch in den 60er-Jahren die große Funkstation für diesen Stadtteil bekam. Das Bild wurde am 9.September 1959 aufgenommen mit den Oberleitungen für den O-Bus, der damals eine Schleife aus der Fürstenriederstraße in die Haltestellenanlage Waldfriedhof besaß.


Der A2-Tw 291 mit 2 c-Beiwagen und Personal am Waldfriedhof auf der Linie 16 nach Schwabing im Jahr 1925

Der Luise-Kiesselbach-Platz

Luise Kiesselbach, geb. 28. 12.1863 in Hanau; † 27. 1. 1929 in Ebenhausen bei Schäftlarn, war eine deutsche Armenpflegerin, Frauenrechtlerin und Sozialpolitikerin.

Das eindrucksvolle Gebäude des Altenheims St.Joseph mit seinen prächtigen Glockentürmen wurde 1928 vom Stadtdirektor und Architekten Dr. Hans Grässel erbaut und ist heute ein Wahrzeichen Sendlings. Am 14.8.1930 wurde der Platz davor „Luise-Kiesselbach-Platz“ genannt, aber bereits 1937 wurde der Platz in „Abt-Schachleiter-Platz“, dem Abt, der eine nahe Beziehung zu Hitler hatte, umgetauft. Erst am 12.6.1945 gab es im Rahmen einer großen Entnazifizierungsaktion die  Rückbenennung auf „Luise Kiesselbach-Platz“.

Auf einer Luftaufnahme sieht man im Jahr 1965 einen M-Wagen-Zug stadteinwärts am Luise-Kiesselbach-Platz.

Der Luise-Kiesselbach-Platz mit dem 1928 gebauten Altenheim St.Joseph war ein echter Blickfang für Trambahnfotografen, drum heute mal zwei etwas seltenere Perspektiven.

Der Stangerl-Bus (O-Bus)

Der Münchner Obus-Betrieb bestand von 1948 bis 1966. Ursprünglich sollte eine Ringlinie um die äußeren Stadtviertel realisiert werden, die elektrisch betrieben wird. Es blieb aber bei der Strecke vom Romanplatz zum Ratzingerplatz. Die Strecke kam am Waldfriedhof vorbei und hatte dort auch eine Schleife für O-Busse.

Der D2-Tw 484 an der Endhaltestelle Waldfriedhof am 21.10.1951. In diesem Jahr feierte die Trambahn 75.Jubiläum und alle Wagen fuhren mit einer Girlande. An der Schleife war das Haus noch nicht gebaut und es sah noch recht luftig aus.

Am 31.10.1963 geht die neue modifizierte Schleife an der Waldfriedhofstraße / Fürstenrieder Straße wegen der Inbetriebnahme der weiterführenden Strecke zum Lorettoplatz in Betrieb.

Blick in die Waldfriedhofstraße auswärts während des Baus der Neubaustrecke zum Lorettoplatz im Sommer 1963. Am Waldfriedhof wird neben der einfachen Schleife ein neues Durchfahrgleis Richtung Westen gebaut.

Die Schleife am Waldfriedhof ist nun weniger genutzt nach der Verlängerung zum Lorettoplatz. Aber in den Schubladen der Verkehrsplaner schlummern schon die Pläne für eine moderne U-Bahn.

Gut zu erkennen auf diesem Bild noch die doppelten Oberleitungs-Systeme von O-Bus und Trambahn. 

Am 17.4.1983 wurde die Strecke zum Waldfriedhof und der Schleife dort stillgelegt wegen der Inbetriebnahme der U-Bahnlinie U6 Harras – Holzapfelkreuth. 

Die Politik kommt jetzt ins Spiel: am 15.9.1984 wird die Strecke vom Harras durch die Albert-Roßhaupter-Straße und Luise-Kisselbach-Platz und Waldfriedhofstraße bis Fürstenrieder Straße als Wahlversprechen von OB Kronawitter bei der Stadtratswahl am 18. März 1984 wieder in Betrieb genommen.

Die CSU verlor in München bei der Kommunalwahl am 18. März die absolute Mehrheit, sackte von 50,1 auf 42,5 Prozent, während sich die SPD von 37,6 auf 41,9 Prozent erholte. Kiesl plumpste gar von 51,4 auf 44,3 Prozent und damit um vier Punkte hinter seinen Herausforderer, den Alt-OB Georg Kronawitter – eine „Beerdigung erster Klasse“ („Süddeutsche Zeitung“). Der Schuldige war aus Sicht von Kiesl schnell gefunden: am Wahlsonntag seien die Wähler lieber zum Skifahren in die Alpen gefahren, statt an die Wahlurnen zu gehen.

Die Stadtwerke/Verkehrsbetrieb haben in einem Plan den Verkehrsfluss für den Waldfriedhof festgelegt.

Startklar zur letzten Fahrt auf der Strecke zum Waldfriedhof: der Tw 2667 + Tw 2431 treffen sich am Harras am 22.5.1993 zum Fototermin und der Abschiedsfahrt.

Das endgültige Aus für die Strecke vom Harras durch die Albert-Roßhaupter-Straße und Luise-Kiesselbach-Platz weiter über die Waldfriedhofstraße bis Fürstenrieder Straße mit der Schleife am Waldfriedhof kam am 23.5.1993. Grund war die Inbetriebnahme der Verlängerung der U-Bahnlinie U6 von Holzapfelkreuth bis zum Klinikum Großhadern.

Unser Fotograf Peter Franz hat später nochmal am Luise-Kiesselbach-Platz vorbeigeschaut, als die Schienen entfernt wurden. Heute ist hier der Verkehr um ein Stockwerk tiefergelegt mit dem großen Tunnelsystem des Mittleren Rings.

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Peter Hübner hat dann auch das Ende der Waldfriedhof-Schleife dokumentiert. Es war einmal…

Linienchronik für die Schleife Waldfriedhof

Die Linie 2 ist ein Nachkriegsgast, der am Waldfriedhof drehte vom 11.04.1965 bis zum 06.10.1978.

Auf der Linie 2 wartet der M4-Tw 939 an der Endhaltestelle Waldfriedhof am 2.4.1971 auf seine Fahrt stadteinwärts.

Treue Seele Linie 6: vom 29.07.1935 mit einer kurzen Kriegsunterbrechung bis zum Linienende am 27.05.1972 fuhr die Linie 6 zum Waldfriedhof.

Der M5-Tw 986 + m5-Bw am Waldfriedhof auswärts auf der Fahrt als Linie 6 zum Lorettoplatz am 24.4.1966. Ein letztes Bild damals mit der Oberleitung des O-Busses, der kurz darauf eingestellt wurde..

Eröffnungslinie war am 10.09.1907 die Linie 16 am Waldfriedhof bis zum 03.08.1914. Ab 19.04.1920 bis 05.09.1923 und 24.03.1924 bis 29.07.1935 sowie vom 04.11.1963 bis 01.11.1964 und vom 19.10.1971 bis 26.05.1972 nochmal vom 01.06.1975 bis 17.04.1983 gastierte die Linie 16 nochmals hier am Waldfriedhof.

Schmuddeltag ​am 4.12.1978 auf dem Weg zum Lorettoplatz: der P3-Tw 2008 + p3-Bw 3008 auf der Linie 16 an der Haltestelle Waldfriedhof auswärts

Am 06.12.1935 startete die Linie 26 aus Schwabing zum Waldfriedhof bis zum 18.03.1944. Von Fürstenried-West kam dann ab 23.11.1975 die Linie 26 zum Waldfriedhof bis 27.05.1978 und dann nach der Wiedereröffnung vom 15.09.1984 bis zur Streckenstilllegung am 22.05.1993 nochmal.

Die Linie 26 mit dem Tw 2494 am Waldfriedhof auswärts im Januar 1989

Zum Schluss geben wir es uns nochmal: die Schleife am Waldfriedhof nochmal eingefügt in die GoogleEarth-Karte von 2020.

© FMTM e.V.

Diese Dokumentation entstand mit der Unterstützung von Peter Hübner, Klaus Onnich, Dieter Kubisch ✟, Florian Schütz und Frederik Buchleitner sowie dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv, dem Staatsarchiv München und besonders dem Stadtarchiv München. Recherchiert, zusammengetragen & umgesetzt hat diese Seite Reinhold Kocaurek.

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