Anhalterplatz / Milbertshofen

Die Schleife am Anhalterplatz in Milbertshofen


Der Namensgeber für die Anhalterplatz kommt  vom Fürstentum Anhalt.

Das Fürstentum Anhalt entwickelte sich 1212 durch Erbteilungen der Askanier. Fürst Heinrich I. von Anhalt hatte diese Bezeichnung für seine Linie zur Unterscheidung von anderen askanischen Linien gewählt.

Milbertshofen taucht schon im Stadtentwicklungsplan 1895 als Dorf mit Zukunft auf. Seine Lage an dem Anfang des 20. Jahrhunderts geschaffenen Eisenbahn-Nordring mit eigenem Bahnhof und später der Flughafen Oberwiesenfeld auf seinem Gemeindegebiet war eine industrielle Zukunft für den Ort nur logisch.

Über 300 Jahre war Milbertshofen in klösterlicher Hand. Zwischen 1466 und 1630 gehörte der Besitz dann der Familie Keferloh. Bis heute ist der Name als Siedlung erhalten geblieben. 1658 wurde Milbertshofen an den Kurfürsten Maximilian II. Emanuel verkauft – der Preis: 30.000 Gulden. Ab dem Jahre 1800 wurde die Siedlung immer größer und wuchs rasch zum Dorf heran. 1820 waren hier bereits 138 Menschen zu Hause, zehn Jahre später schon 174.

Ab dem Jahre 1800 wurde die Siedlung immer größer und wuchs rasch zum Dorf heran. 1820 waren hier bereits 138 Menschen zu Hause, zehn Jahre später schon 174.

Bis 1910 war Milbertshofen ein Dorf, dann drei Jahre eine eigene Stadt, schließlich folgte die Eingemeindung nach München. Die Strukturen sind weitestgehend gleich geblieben. Milbertshofen war schon früh als Industriestandort attraktiv, dementsprechend war das Viertel geprägt von Industrie und Arbeiterwohnsiedlungen.

Auf der zeitgenössischen Postkarte von 1908 sieht man im Hintergrund die Eisenbahn auf dem Nordring, davor die Radrennbahn und ganz vorne Alt-Milbertshofen mit Schliessheimerstraße.

Auf der zeitgenössischen Postkarte von 1908 sieht man im Hintergrund die Eisenbahn auf dem Nordring, davor die Radrennbahn und ganz vorne Alt-Milbertshofen mit Schliessheimerstraße.

Die größte, beste und schnellste Radrennbahn der Welt

in Milbertshofen. Dort entstand die größte, beste und schnellste „Radrennbahn der Welt“ in Milbertshofen. Auf ihr fährt der Franzose Paul Guignard mit 101,2 Stundenkilometern einen Aufsehen erregenden „Weltrekord“. 

Seine letzten Erfolge auf dem Rad feierte Robl übrigens auch auf der Radrennbahn in Milbertshofen, die der Industrielle Ludwig Petuel jr. (1870-1951), Besitzer einer Tapetenfabrik in der Frohschammerstraße und einer Fahrradfabrik in der Schleißheimer Straße, im Jahr 1906 errichten ließ. Konzipiert war die Rennbahn für 38 000 Zuschauer. Unter freiem Himmel fanden dort unter anderem „Steherrennen“ statt, bei denen der Radsportler hinter einem schweren Motorrad im Windschatten fährt, dessen Fahrer auf den Fußrasten der Maschine steht. Allerdings hatte sich Petuel mit seiner Radrennbahn anscheinend verkalkuliert: Die Anlage erwies sich bereits nach relativ kurzer Zeit als unrentabel und wurde im Jahr 1914 geschlossen.

Eine Postkarte aus dem Jahr 1908 zeigt die Radrennbahn in Milbertshofen mit Rennbetrieb.

Eine Postkarte aus dem Jahr 1908 zeigt die Radrennbahn mit Rennbetrieb.

Die private Münchner Trambahn-Aktiengesellschaft hatte ihre Pferdebahnlinien bis zum Jahr 1900 elektrifiziert und neue Linien eingerichtet. Wegen der wachsenden Militär- und Industriebauten am Oberwiesenfeld und in Schwabing genehmigte der Stadtrat im Sommer 1902 die Linie VIII von der Augusten- bis zur Schleißheimer/ Georgenstraße. Sie ging am 27. November 1902 in Betrieb und zunächst pendelte hier nur ein Wagen im Sechs-Minuten-Takt. Eine Verlängerung in das aufstrebende Milbertshofen war von Anfang an in Planung, umso mehr, nachdem die dort bereits eingesetzten Buslinien ja ihren Betrieb aufgegeben hatten. Am 15. Juli 1904 schlossen die beiden Gemeinden München und Milbertshofen einen Garantievertrag ab, in dem sich die Garanten zur Deckung etwaiger Verluste verpflichteten. Nach dreimonatiger Bauzeit wurde diese Garantie-Außenstrecke (mit Zuschlagtarif) am 1. Dezember 1904 eröffnet. Sie führte auf einer eingleisigen Strecke ab der Görres- durch die,Schleißheimer Landstraße bis zum Nymphenburg-Biedersteiner Kanal und hatte vier Ausweichen. Sehr zum Ärger der Milbertshofener stand Milbertshofen auf dem Zielschild der Trambahn wagen, obwohl die Strecke noch auf Münchner Stadtgebiet am Riesenfeld endete. Mit der Einführung der arabischen Liniennummern im Jahr 1906 erhielt die Linie Georgenstraße – Riesenfeld die Liniennummer 8 zugeteilt. Nach dem Ausbau der Schleißheimer Straße konnte im Herbst 1911 ein zweites Gleis verlegt und im Oktober in Betrieb genommen werden. Am 1. Januar 1915 lief der mit der Eingemeindung Milbertshofens faktisch hinfällig gewordene Garantievertrag aus und die bisher als Außenstrecke geltende Strecke wurde als zum Stadtnetz gehörig eingestuft.

Blick nach Norden Noch recht scharf verläuft die Kurve in der Riesenfeldstraße am 18  Mai 1932. Die Trambahnstrecke
verläuft zwischen Feldern und dem BMW-Werksgelände.

Blick nach Norden Noch recht scharf verläuft die Kurve in der Riesenfeldstraße am 18  Mai 1932. Die Trambahnstrecke
verläuft zwischen Feldern und dem BMW-Werksgelände.

Im Jahr 1918 schloss man einen neuen Garantievertrag mit BMW und der Südbremse ab und begann mit dem Bau der Verlängerung der Linie 8 vom Biedersteiner Kanal an den Motorenwerken vorbei bis unmittelbar zum alten Ortskern Milbertshofen. Dazu wurde die Brücke über den Kanal ausgebaut und die bisherige Rangierendstelle des 8ers, die südlich des Kanals lag, um knapp 100 Meter zurückgebaut.

Fahrkarte für Sondertarif nach Milbertshofen
Nach der Einmündung der Schopenhauerstraße sind bereits einige Wohnhäuser entstanden. Am 5. Februar 1934 wird auf dem BMW-Gelände gerade eine neue Fabrikhalle errichtet.

Nach der Einmündung der Schopenhauerstraße sind bereits einige Wohnhäuser entstanden. Am 5. Februar 1934 wird auf dem BMW-Gelände gerade eine neue Fabrikhalle errichtet.

Am 1. April 1919 konnte diese zuschlagspflichtige Außenstrecke dem Verkehr übergeben werden. Doch richtete man den Betrieb zunächst so ein, dass nur jeder zweite Wagen bis Milbertshofen durch fuhr. Endeten diese Verstärkerkurse der Linie 8 anfangs noch über einen Gleiswechsel beim Biedersteiner Kanal, so erleichterte man die Betriebssituation ab dem 6. Juni 1922 durch die Inbetriebnahme der Schleife Riesenfeldstraße nördlich des Kanals. Die an der Strecke liegenden Firmen waren in der Endphase des ersten Weltkriegs von wichtiger Bedeutung für die Rüstungsindustrie, so dass man ihre Planung und den Bau sehr schnell durchzog. Es erwies sich bald, dass die Trassierung nicht optimal vorgenommen wurde und so regulierte man die Gleislage schon bald (Mai/Juni 1932) wie unsere Fotos aus den Jahren 1932 und 1934 zeigen. Am 25. Juli 1925 gliederte man die Strecke dem Stadtnetz an und gab den Zuschlagstarif auf. In den Jahren 1935/36 wurde das Liniennetz der Münchner Trambahn in drei Phasen grundlegend umstrukturiert. Dabei änderte sich auch die Liniennummer auf der Milbertshofener Strecke. Ab dem 7. Dezember 1935 übernahm so vorläufig eine Pendellinie P7 den Abschnitt Nordbad – Milbertshofen von der Linie 8, die nun Stammlinie auf der Relation KurfürstenplatzHofmannstraße wurde. Am 1. April 1936 verlängerte man schließlich die Linie 7, die nun von Milbertshofen bis zur neu gebauten Endschleife am Perlacher Forst (heute: Schwanseestraße) fuhr. In der HVZ fuhr zusätzlich eine Linie 27 auf dem Abschnitt Milbertshofen –,St.-Martins-Platz, sie konnte letztmals am 11. Juli 1944 eingesetzt werden.

Am 15. Juni 1944 reparieren Kriegsgefangene die bei einem Luftangriff beschädigte Brücke über den Biedersteiner Kanal.

Am 15. Juni 1944 reparieren Kriegsgefangene die bei einem Luftangriff beschädigte Brücke über den Biedersteiner Kanal. Seit dem Jahr 1941 steht dort der markante Hochbunker.

Der K/k Zug in der Schleife am Anhalterplatz
Am 8. Juli 1968 rollt der F/g-Zug 639/1460 der Linie 7 über eine den Kanal und die Ringbaustelle überspannende Behelfsbrücke

Gleisverlegung am Biedersteiner Kanal während des Baus des Mittleren Rings. Am 8. Juli 1968 rollt der F/g-Zug 639/1460 der Linie 7 über eine den Kanal und die Ringbaustelle überspannende Behelfsbrücke.

Im Zweiten Weltkrieg wurde vor allem BMW wieder zu einem bedeutenden Rüstungsbetrieb. Daher verlegte man im April 1942 die bisherige Wendeschleife Riesenfeld vom Kanal zur Schopenhauerstraße. Sie wurde in erster Linie von E-Wagen zur BMW genutzt. Auch die Linie 17 führte man 1943/44 zu dieser Schleife, wenn es die zunehmen den Kriegszerstörungen zuließen. Nur vom 19. Oktober 1959 bis zum 16. April 1960 diente die Schleife an der Schopenhauerstraße als reguläre Endstelle der HVZ-Linie E27. Im Mai 1970 wurde sie aufgelassen. Auf ihrem Grund befindet sich heute das mehrstöckige Wohngebäude Riesenfeldstraße 18. Während des Krieges versuchte man unter allen Umständen den Trambahnverkehr zu den BMW aufrecht zu erhalten; erst unmittelbar vor dem Einmarsch der Amerikaner stellte man die Strecke am 27. April 1945 ein.

Nach dem Krieg gehörte die Milbertshofener Trambahnlinie am 25. Mai 1945 zu den ersten wieder in Betrieb genommenen Routen. Befahren wurde sie wie zuvor von der Linie 7. Zwischen dem 16. Oktober 1960 und dem 10. April,1965 sowie von 5. Juni 1967 bis 15. September,1967 fuhr hier zusätzlich die Linie 27 vom 11. April 1965 bis 5. März 1967 dann die Linie 17 und schließlich vom 6. März 1967 bis zum 4. Juni 1967 sowie vom 16. September 1967 bis zum 20. April 1968 die Linie 3. Nach der Einstellung des 3ers wurde der 7er entsprechend verstärkt und so verkehrten etwa im Winterfahrplan 1971/72 insgesamt 30 Kurswagen im 3- und 4-Minuten-Takt. Der Ausbau der nach dem anfangs erwähnten Omnibuspionier benannten Petuelstraße zum Petuelring und der Bau der Olympia-U-Bahnlinie 3 brachten kurzzeitige Verlegungen der Trambahngleise mit sich, über die inzwischen das Damoklesschwert der Einstellung schwebte. Zum Sommerfahrplan 1972 ließ man nach der Inbetriebnahme der U3 so auch schließlich am 28. Mai 1972 die Strecke zwischen Milbertshofen und Petuelring auf. Am Petuelring errichtete man eine neue Wendeschleife für die Linie 7 (heute: Linie 27). Die Verbindung zum Anhalter Platz wurde nun von der Omnibuslinie 80 hergestellt, die ihren Weg vom Petuelring allerdings nicht durch die Riesenfeldstraße sondern entlang der Schleißheimer Straße

Autor: Klaus Onnich

Am 10.Oktober 1971 wartet der TW 822 auf der Linie 7 in der Schleife am Anhalterplatz auf seine Abfahrt Richtung Schwanseestraße, damals noch Friedhof Perlacher Forst: die Bebauung rundherum ist noch recht spärlich.

Am 10.Oktober 1971 wartet der TW 822 auf der Linie 7 in der Schleife am Anhalterplatz auf seine Abfahrt Richtung Schwanseestraße, damals noch Friedhof Perlacher Forst: die Bebauung rundherum ist noch recht spärlich.

Die komplette Geschichte dieser Schleife und ihrer Zuführungen können Sie in unserem Trambahn-Journal 2019/2 nachlesen

Die komplette Geschichte dieser Schleife und ihrer Zuführungen können Sie in unserem Trambahn-Journal 2019/2 nachlesen

Der Gleisplan der Schleife am Anhalterplatz mit Hinterstellgleis.

Der Gleisplan der Schleife am Anhalterplatz mit Hinterstellgleis.

Die Endhaltestelle verfügte über ein von Norden her anschließendes Hinterstellgleis, auf dem hier am 31. Juli 1959 der M3/m3-Zug 818/1617 abgestellt ist.

Die Endhaltestelle verfügte über ein von Norden her anschließendes Hinterstellgleis, auf dem hier am 31. Juli 1959 der M3/m3-Zug 818/1617 abgestellt ist

Der Anhalterplatz wuchs immer weiter in die Stadt. Die brauchte neben den großen Ausfallstraßen auch immer mehr Ringstraßen. Mit dem Bau der Unterföhriger Isarbrücke wurde auch die Weiterführung des Frankfurter Rings vorangetrieben, der hier im Bild von rechts kommt. Links die Weiterführung heißt dann Moosacher Straße

Der Verkehr war zum Zeitpunkt der Aufnahme des Bildes noch weitgehend übersichtlich.

Der Verkehr am Anhalterplatz war zum Zeitpunkt der Aufnahme des Bildes noch weitgehend übersichtlich.

Die erste Trambahn kam am 01.04.1919 am Anhalterplatz an. Sie trug die Liniennummer 8.  Auf den Zielanzeigern der Wagen hierher stand „Milbertshofen“. Letzter Betriebstag hierher für die Linie 8 war der 04.12.1928.

Linie 7 war dann ab 14.12.1934 hier am Anhalterplatz in Milbertshofen zuhause, Mit Kriegsunterbrechungen war sie hier die Stammlinie bis 28.05.1972, als die Strecke durch die Riesenfeldstraße eingestellt wurde und der neue Endpunkt „Petuelring“ wurde.

Ein eher kurzes Gastspiel gab die Linie 17 vom 11.04.1965 bis zum 06.03.1967. Dennoch hat unser Fotograf sie in der Wendeschleife erwischt.

Linie 7 war dann ab 14.12.1934 hier am Anhalterplatz in Milbertshofen zuhause, Mit Kriegsunterbrechungen war sie hier die Stammlinie bis 28.05.1972, als die Strecke durch die Riesenfeldstraße eingestellt wurde
Ein eher kurzes Gastspiel gab die Linie 17 vom 11.04.1965 bis zum 06.03.1967. Dennoch hat unser Fotograf sie in der Wendeschleife erwischt.

Die Linie 27 gastierte hier vom 17.05.1943 mit den unvermeidlichen Kriegsunterbrechungen bis 15.09.1967.

Die Linie 27 gastierte hier vom 17.05.1943 mit den unvermeidlichen Kriegsunterbrechungen bis 15.09.1967.

© FMTM e.V.

Diese Dokumentation entstand mit der Unterstützung von Peter Hübner, Klaus Onnich, Dieter Kubisch, Florian Schütz und Frederik Buchleitner sowie dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv, dem Staatsarchiv München und besonders dem Stadtarchiv München. Zusammengetragen & umgesetzt hat diese Seite Reinhold Kocaurek.

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