Hersteller aller Lokomotiven der Münchner Dampf-Trambahn war die bekannte Münchner Lokomotivfabrik Krauß & Comp. Der 1826 in Augsburg geborene Georg Krauß (ab 1905 Ritter von Krauß) arbeitete nach dem Besuch der Polytechnischen Schule in Augsburg als Schlosser 1847 bis 1849 in der Münchner Lokomotivfabrik von Josef Anton von Maffei in der Hirschau. Zu seinen weiteren Tätigkeiten zählte die Anstellung als Lokomotivführer und Obermaschinenmeister bei der Königlich Bayerischen Staatsbahn. Ab 1857 hatte er die Stellung des leitenden Maschinenmeisters bei der Schweizer Nordostbahn in Zürich inne. Dort konstruierte er auch seine ersten vier Lokomotiven. Auf Grund dieser Fähigkeiten gründete er 1866 trotz des heftigen Widerstands der etablierten Lokomotivfabrik J.A.Maffei seine eigene Lokomotivfabrik am Marsfeld in München Neuhausen. Allerdings beschäftigte sich Krauß hauptsächlich mit Lokalbahn- und Nebenbahnlokomotiven. Um deren Absatz anzukurbeln, stieg er auch in den Bau und Betrieb von Lokalbahnen, Schmalspurbahnen und Kleinbahnen nicht nur in Bayern, sondern auch in Österreich (u.a. die sagenhafte Salzkammergut-Lokalbahn), Ungarn und sogar Schlesien ein. Dazu gründete er die Lokalbahn AG in München, die auch u.a. die Isartalbahn, die Lokalbahn Murnau-Oberammergau aber auch die heutige Strecke Murnau – Garmisch baute und betrieb. 1880 errichtete Krauß für seine österreichischen Bahnen ein Zweigwerk für Lokomotiven in Linz an der Donau. Von dort stammen fast alle heute noch bei österreichischen Schmalspurbahnen aktiven Dampfloks. Aber damit nicht genug, stieg Krauß auch in den Bau und Betrieb von Dampfstraßenbahnen ein, deren größtes Netz die Wiener Dampf-Tramway Krauß & Co. DTKC besaß. Viele dieser Wiener Dampftramwaystrecken werden noch heute von den Wiener Linien als Trambahnstrecken betrieben.
Der Originalname ist tatsächlich Krauß mit scharfem S. Da die Fa. Krauß & Comp. jedoch ihre Fabrikschilder mit Großbuchstaben herstellte und es bei den Großbuchstaben kein scharfes S gibt, mußte auf den Fabrikschildern notgedrungen KRAUSS & COMP. stehen oder bei den Linzern KRAUSS & Cie. Aber richtig heißt die Firma immer noch Krauß & Comp. Die Großschreibung hat Krauß dann zu KRAUSS MAFFEI mit genommen, da auch dort die typischen ovalen Krauß – Fabrikschilder nur mit dem neuen Namen weiter verwendet wurden.
Krauss betrieb eine Fabrik in Sendling für Schmalspurlokomotiven. Der Blick geht südwärts an der Lindwurmstraße, die gerade aus der Lindwurm-Unterführung kommt.
Locomotivenfabrik Krauss auf dem Marsfeld
Für die einzige 1883 in Betrieb genommene Dampftrambahnstrecke in München vom Stiglmaierplatz zum Volksgarten in Nymphenburg lieferte Krauß alle 7 Trambahnloks in der typischen Kastenform, um die damals vorherrschenden Pferde nicht scheu zu machen. Sie wurden in Sendling gefertigt. Es gab drei verschiedene Dampfloktypen, die zwischen 1883 und 1891 geliefert wurden. Ein fast baugleiches Exemplar ist bis heute auf der ebenfalls von Krauß errichteten Chiemseebahn von Prien zum Hafen in Stock im Einsatz. Mit Baujahr 1887 ist sie nur wenig jünger, als die Münchner Trambahnloks. Allerdings fährt die Chiemseebahn auf Meterspur, während die Münchner Dampftrambahn normalspurig war.
1887 wurde die Firma Krauß & Comp. dann in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. 1905 beschloss Krauß die Verlagerung seines Werks aus Platzgründen von Neuhausen nach Allach, wo auf der grünen Wiese das neue Werk entstand. Krauß war aber auch mit Carl von Linde am Bau der ersten Kältemaschinen beteiligt. Nachdem die Wirtschaftkrise der 20er Jahre allen deutschen Lokomotivfabriken massiv zugesetzt hatte, mussten viele renommierte Hersteller ihre Firmen schließen. Diesem Schicksal entging Krauß & Comp. Der Konkurrent J.A.Maffei musste jedoch 1930 Konkurs anmelden und wurde darauf von Krauß 1931 übernommen. Die neue Firma hieß Krauss-Maffei AG. Am Standort Allach wurden weiterhin Lokomotiven, aber auch Zugmaschinen, Omnibusse und später sogar die ersten Transrapid gefertigt.
Nach dem zweiten Weltkrieg gehörte Krauss-Maffei zum Buderus Konzern in Wetzlar, wurde zwischen 1989 und 1996 vom Mannesmann Konzern übernommen und 1999 mit der Mannesmann DEMAG AG zur Mannesmann Demag Krauss Maffei AG fusioniert. Diese Firma musste bei der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone noch 1999 an Siemens verkauft werden. Siemens spaltete den Lokomotivbau sofort als Siemens Krauss Maffei Lokomotiven AG vom Rest der Firma ab und übernahm dieses Unternehmen dann 2001 in die Siemens AG. Der Rest der Firma Krauss Maffei wurde weiter aufgespaltet und ging teilweise an die amerikanische Heuschrecke KKR, der Panzerbau kam zur Firma Wegmann & Co. in Kassel.
Wer also heute noch das Flair einer echten Dampftrambahn von Krauß erleben will, kann dies in den Sommermonaten bei der inzwischen 131 Jahre alten immer noch mit den Orginalfahrzeugen betriebenen Chiemseebahn erleben.
Die einzige Dampflok der Chiemseebahn ist wenig jünger wie die Münchner Dampftram-Loks und recht ähnlich.
Das Verwaltungsgebäude des ersten Werks von Krauß & Comp. Im Stadtteil Neuhausen existiert bis heute an der Ecke Arnulf – Helmholtzstraße.
Text: Dieter Kubisch († 2023)