In der Gleisplan-Karte des Müncheners Centralbahnhofs von 1865 ist die Landsbergerstraße noch mit einem Bahnübergang mit der Staatsbahnlinie eingezeichnet. Dieser Plan täuscht aber etwas: in dieser Zeit gab es noch nördlich des Centralbahnhofs den Bahnhof der Ostbahn, die als Gesellschaft neben der Staatsbahn unabhängig agierte mit Strecken in den Norden Bayerns. Es fehlt im Plan die erst später gebaute Hackerbrücke, dafür sieht man den Bahnübergang der Herbststraße eingezeichnet. Es gab damals als Staatsbahnlinien nur die Strecke über Pasing nach Augsburg und damals neu die Strecke nach Wien, die nach Süden vom Bahnhof abbiegt und über die Großhesseloher Brücke nach Deisenhofen und Rosenheim nach Salzburg und Wien führte. Diese Strecke führte damals etwas östlich der Trasse der heutigen Bergmannstraße und parallel zur Ganghoferstraße und kreuzte als Bahnübergang die Landsbergerstraße. Eine Pferdebahn war damals zwar ein Thema, aber nicht spruchreif.
Bereits 1871 wurde die Eisenbahnverbindung Südring fertiggestellt und verband Hauptbahnhof und Haidhauser Bahnhof (nach der Eingemeindung Haidhausens 1874 erhielt er zum 15. Oktober 1876 den Namen Bahnhof München-Ost.).
Diese Eisenbahnstrecke kreuzte einige Ausfallstraßen in München mit einem Bahnübergang wie die Thalkirchnerstraße, Lindwurmstraße und hier auch die Landsbergerstraße. Die Lindwurmstraße bekam als erste Straße 1882 eine einfach Unterführung, hier an der Landbergerstraße dauerte es noch etwas.
Bahnübergänge einer Pferdebahn mit der königlich bayerischen Staatsbahn schienen unmöglich. Technisch war es lösbar, allerdings lehnte die Staatsbahn alle Ansinnen zur Kreuzung einer Staatsbahnstrecke ab. Das betraf auch den Bahnübergang an der Landsbergerstraße, wo ab 1.Mai1889 mit der Pferdebahn zuerst nur bis zur Barthstraße gefahren werden konnte. Das war für den Pferdebahnbetrieb auch eine ideale Entfernung. An eine Weiterführung der Trambahnstrecke durch die Landsbergerstraße konnte man erst denken, als der elektrische Betrieb eingeführt wurde, denn die Entfernung in den weit vor der Stadt gelegenen Ort Pasing war nur elektrisch erreichbar, für eine Pferdebahn kräftemäßig unerreichbar.
Der Plan vom November 1887 sah eine eingleisige Verbindung von der Bergmannstraße westlich durch die Landsbergestraße mit Ausweichstellen nach „Friedenheim“ vor, die das neue Depot in der Barthstraße verbinden sollte. Links kann man ganz am Rand die Staatsbahnstrecke sehen.
Die „Münchner neuesten Nachrichten“ zitieren den gemeindebevollmächtigten in ihrer Ausgabe vom 24.Mai 1889.
Das Projekt braucht natürlich eine Zustimmung und Finanzierung durch den Magistrat der sich am 1.Juni 1889 schon mal eine Vorstufe der „Würdigung“ erhielt. Im Klartext: kann noch lange dauern.
Die Welt der Statistik
Bei diesem Projekt wurde wie bei jedem Projekt neben der Kostenberechnungen auch Statistiken verwendet, um die Notwenigkeit wie hier einer kreuzungsfreien Verkehrsführung zu beweisen. Basierend auf dem „Winterfahrordnung 1889/1890“ wird vermeldet, dass täglich 57 Schrankenschließungen an dem Bahnübergang Landsbergerstraße erfolgten. Bei Schrankenschließungen von 3 bis 5 Minuten bedeutet das ungefähr 4 Stunden Verkehrsanhaltung und das natürlich meistens untertags, wenn der größte Fuhrwerks-Verkehr ist. Der Anstieg des Zugverkehrs an diesem Bahnübergang wurde seit Bau der Simbacher Strecke über die Jahre notiert.
Der Bahnübergang an der Landsbergerstraße lag bei den großen Lokschuppen, die einer späteren Trambahnhaltestellen auch einmal den Namen gaben. Es waren gleich 2 Drehscheiben mit Ringlokschuppen sowie eine Reparaturwerkstatt mit Schiebebühne auf dem Gelände. Letztere wanderte wenig später zur Zentralwerkstätte an der heutigen Donnersbergerbrücke. Für den Betrieb mit den Dampfloks gab es natürlich auch eine Wasserversorgung und Kohlebunker.
Die „Münchner Neuesten Nachrichten“ vom 16.März 1894 berichteten über das Projekt der neuen Unterführung. Wie bei fast allen Bauprojekten muss immer erst ein Gesamtabkommen zwischen Landtag wegen der Mittel, der Staatsbahn wegen der Bauplanung und dem Magistrat wegen der Grundstücksfragen und dem Bauamt wegen des Bauwerks an sich geschlossen werden. Das kann sich natürlich bei ungeklärten Fragen jahrelang hinziehen wie hier.
Zuständig für die Planung ist das königlich bayerische Oberbahnamt und das legte im November 1894 erste Pläne für die Brücke der Staatsbahn über die Landsbergerstraße vor. Obwohl sich die Brücke in der Kurve der Staatsbahn befindet, wird die Brückenkonstruktion aus statischen Gründen mit geraden Eisenträgern ausgeführt.
Zu dieser Zeit war man gerade dabei, den Centralbahnhof groß zu erweitern und diese Erweiterung ist höchst detailliert im Bayerischen Hauptstaatsarhiv dokumentiert. Damals wurde auch die Hackerbrücke geplant und gebaut sowie viele weitere Unterführungen an der Dreimühlenstraße, Thalkirchnerstraße, eine Erweiterung der Unterführung an der Lindwurmstraße und man findet dieses Projekt unter der römische Nummer XII.
Bei Unterführungen wird immer ein großes Augenmerk auf die Abwasserführung gelegt. In der Unterführung muss auch bei Regen das Wasser ablaufen können. Daher sind Planungen solcher Unterführungen immer ein Zusammenspiel vom Oberbahnamt, dem städtischen Bauamt, Magistrat und Abwasser-Amt, später auch vom Beleuchtungsamt, wenn es um die Beleuchtung der Unterführung geht, die damals mit Gas üblich war, da es in München kein Stromnetz gab. Wegen der Zuständigkeiten ist aber auch noch der bayerische Landtag dabei, die Regierung von Oberbayern und die Polizeidirektion und der Gemeindebevollmächtigte. Diese Stellen müssen neben natürlich den ausführenden Baufirmen koordiniert werden. Das ist heute nicht unbedingt viel anders.
Als dann nach einem Bericht der „Münchner Neuesten Nachrichten“ vom 23.Juli 1895 endlich gebaut wird, kommen auch schon die ersten Beschwerden, das ist in München eine durchaus übliche Begleiterscheinung bei Bauprojekten wie hier im 19.Jahrhundert, gepflegt auch im 20.Jahrhundert und bei heutigen Bauprojekten zur Perfektion durch die vielen neuen Medien ausgereift.
Diese neue Unterführung, die dem Bahnübergang ablöste hatte eine Breite von 18 und eine Höhe der Fahrbahn von 4m. Die 12m breite Fahrbahn wird von der Mittelsäulenreiche in 2x 6m getrennt, daneben führen jeweils 3m breite Trottoirs. Die Rampensteigung beträgt beiderseits 3%. Die Fahrbahn der Unterführung und der Rampen ist gepflastert. Diese Unterführung wurde durch die königliche Staatseisenbahn-Verwaltung gebaut auf deren Kosten.
Unterführungen für eine Straße mit Trambahnstrecke gab es schon in München in der Dreimühlenstraße. Seit dem 1.Mai 1892 fuhr die Pferdebahn schon bis in die Reifenstuelstraße und einem Monat später durch die Unterführung an der Dreimühlenstraße bis zum Isartalbahnhof. Allerdings war diese Unterführung der Dreimühlenstraße schon 1871 als Brücke konzipiert worden. Bereits seit 1883 fuhr die Pferdebahn in der Lindwurmstraße durch eine eigens auf Betreiben der MTAG gestellten Antrag, den Bahnübergang durch eine Unterführung zu ersetzen. Diese Unterführung war die Blaupause für dieses Bauwerk 1895. Zu dieser Zeit gab es auch an der nahegelegenen unbedeutenden Westendstraße, damals noch ein Feldweg, nur einen ungesicherten Bahnübergang über die Bahnstrecke.
Dieser Plan von 1906 aus der Zeit der Planung der Pasinger Strecke dokumentiert die Möglichkeit, mit elektrischen Triebwagen mit Oberleitung die Unterführung an der Landsbergerstraße passieren zu können.
Am 16.12.1908 eröffnete die Trambahn-Strecke Pasing ab der Barthstraße über die zweigleisige elektrische Strecke Agnes-Bernauer-Straße und Willibaldplatz und Am Knie durch die Landsberger Straße zum Pasinger Marienplatz.
Das Bild aus dem beginnenden 20.Jahrhundert zweigt gut die damalige Stadtentwicklung und Verkehrsentwicklung in dieser Bereich der Landeshauptstadt München. Die Unterführungen an der Westendstraße und Landsbergerstraße sind gebaut und rechts sieht man die alte Friedenheimerbrücke. An der Landsbergerstraße ist inzwischen die dritte große Drehscheibe mit Ringlockschuppen entstanden.
Diese Unterführung wurde für einfachen Fuhrwerksverkehr mit Gehwegen an beiden Seiten und einer Trambahn in der Mitte gebaut. Mit der Zeit aber wurde diese Unterführung etwas zu schmal. Im Jahr 1925 kann man gut das alte Geländer der Brücke sehen, das bald danach ersetzt wurde. Die Bahnstrecke hat schon Oberleitung, da im selben Jahr diese Simbacher Bahnstrecke elektrifiziert wurde.
Die Linie 19 auf dem Weg in der Landsbergerstraße auswärts nach Pasing kommt 1927 gerade aus der Unterführung unter der Bahnstreck heraus.
Als im Juni 1940 der Brückenfotograf der Reichsbahn alle Münchner Eisenbahnbrücken ablichtete, hat er natürlich auch nicht diese Brücke an der Landsbergerstraße vergessen und sie von beiden Seiten dokumentiert.
Nach dem Krieg wurde diese Unterführung für den Verkehr zu klein.
Im Mai 1974 kommt auf dem 19er der TW 2481 durch die alte Unterführung an der Landsbergerstraße.
TW 3249 begegnete sich gerade mit dem M-Wagen der Linie 19 stadteinwärts in der Unterführung im Januar 1976.
Am 6.April 1980 bekam die Unterführung an der Landsbergerstraße ihre „endgültige“ Bauform, wie unser Bild von Peter Wagner zeigt. Was heißt schon endgültig, bestimmt wird sich hier wie auch anderswo wieder was verändern.
Unter dieser Unterführung sind alle Typenreihen der Münchner Trambahnen durchgefahren, hier eine Variobahn am 14.Marz 2018.
Der P-Triebwagen 2031 am 21. April 1996 auf der Linie 19 unterwegs.
TW 2205 als Linie 31 am 5.Juli 2005 auf dem Weg zum Pasinger Marienplatz.
Ein P-Wagen auf der Linie 19 am 1.Februar 1986 unterwegs stadteinwärts an der Unterführung an der Landsbergerstraße.
Am 28.Juli 2005 schoss Peter Hübner dieses Bild aus dem Fenster des Neubaus an der Landsbergerstraße auf die Unterführung.