
Als am 1.Februar 1965, also vor 60 Jahren, auf meinem Schulweg durch die Ungererstraße der erste Spatenstich für Münchens neue U-Bahn stattfand, stand ich mit meine Vater am Abend davor an der Baustelle und schaute zu, wie das Loch für den ersten Träger für die Münchner Nachkriegs-U-Bahn im Scheinwerferlicht vorsichtig probegebohrt wurde und ein Träger testweise eingelassen wurde, um am nächsten Tag mit der Prominenz keine Blamage zu erleben.

Am Montag, den 1.Februar 1965 um 11.04 Uhr, vier Minuten verspätet, bittet Oberbürgermeister Dr. Vogel Ministerpräsident Alfons Goppel um die feierliche Eröffnung des U-Bahn-Baues in München.

Dieser besteigt das Rednerpult und mit den Worten »ich möchte das Werk beginnen zum Wohle aller Münchner und der Bürger des ganzen Landes, in Gottes Namen« drückt er auf den Knopf und löst einen Sirenenton und das Weitere aus.

Der Caldwellbohrer hebt den letzten Rest nassen Mergels aus dem Bohrloch ans fahle Tageslicht. Die Festgäste überwinden die Sicherheitsbarriere und drängen sich um das Bohrloch. Ein roter Kran, mit Tannengrün und weißblauen Bändern herausgeputzt, balanciert den 18 Meter langen und drei Tonnen schweren Stahlträger hoch über unseren Köpfen.

Langsam senkt sich der Träger herab, pendelt, Goppel dirigiert ihn über das Bohrloch. Die Straßenbahnerkapelle schmettert den Marsch »Die Bosniaken kommen«. Langsam verschwindet der Träger in der Erde.

Der Bayerische Defiliermarsch erklingt. Als erster Gratulant eilt Oeftering ans Rednerpult. Er beendet seine Komplimente mit dem Aufruf, zwischen dem U-Bahn-Bau der Stadt und dem V-Bahn-Bau der Bundesbahn möge ein Wettlauf beginnen, wer den ersten Zug in einem unterirdischen Tunnel fahren lassen kann. Der U-Bahn-Bau in München ist nach 70 Jahren Planung und einem missglückten Anlauf in der Hitlerzeit Wirklichkeit geworden.

Am 30.Juli 1965 kann der U-Bahn -Referatsleiter Dr. Klaus Zimniok stolz auf sein Werk schauen: die Bauarbeiten für die erste U-Bahnstrecke in München, die nicht nur geplant, sondern auch tatsächlich umgesetzt wurde und in Betrieb ging, sind im Gange.

Eine seltene Luftaufnahme der U-Bahn-Baustelle in der Ungererstraße. Oben ist die Schenkendorfstraße, der spätere Mittlere Ring, links das Trambahndepot an der Soxhletsraße und rechts oben der Nordfriedhof. Die Verbreiterung nach Norden ist der U-Bahnhof.
Dieses Probelos markiert das neue U-Bahn-Zeitalter in München.
Als Film gibt es dazu aus der ARD-Mediathek:

Diese Bilder sind einer Bücherreihe entnommen, die in 3 Bänden den langen Weg Münchens von ersten Planungen 1885 über konkrete Bauwerksprojekten eines U-Bahn-Kreuzungsbahnhofs unter dem Marienplatz 1909, der Entstehung der Bauruinen in der Lindwurmstraße in der NS-Zeit über Pläne in den 50er- und 60er-Jahren zur Unterpflasterbahn zum heutige Tag vor 60 Jahren führt: der erste U-Bahnträger wird gesetzt.
Der Erscheinungstermin ist für das 2.Halbjahr 2025 geplant.