Für den Bau der U-Bahn in der Ludwigstraße wurde von 1966 bis 1968 temporär eine 430 m lange, zweispurige und umsetzbare Stahlhochbrücke (auch als Fly-over bekannt) angelegt. Dadurch konnte man die Ludwigstraße kreuzungsfrei überqueren, in der jahrelang die neue Münchner U-Bahn gebaut wurde. Auftraggeber für die Brücke war das Tiefbauamt der Stadt München.
Wenn in München die Möglichkeit besteht, eine so spektakuläre Aktion am Wochenende mitzuerleben, sind die Münchner an den Baustellenabsperrungen zu finden. Für die zeit des Einhebens der Brückenteile wurde die Trambahn unterbrochen und die Oberleitungen zur Seite geschwenkt und teilweise abgebaut. Eine Parameter musste die erste Stahlhochbrücke in München auf alle Fälle erfülle: die Trambahn muss mit ihrer Oberleitung unten durch passen.
Abzüglich der Auf- und Abfahrten hatte diese Brücke der Rheinstahl Union Brückenbau AG Dortmund ca. 300m reine Brückenlänge. Die Fahrbahn war 3,5m breit und für eine Achslast von 13 Tonnen konstruiert und war somit auch von Lastkraftwagen befahrbar. Bei dieser Konstruktion wurden zwei Brücken nebeneinander gebaut mit einem Service-Steg an der Südseite. Die Fundamente der Brücke wurden in den Nächten des November 1966 von der Firma Held & Francke erstellt, um den Verkehr nicht unnötig zu behindern.
Bei solchen Ereignissen kommt auch der Münchner Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel mit seinen Bauräten und einigen Stadträten am Wochenende auf diese Baustelle.
Am Samstag, den 19.November 1966 beginnen um 6 Uhr morgens die Arbeiten zum Aufstellen der 14 scheren Rahmenstützen. Um 14 Uhr des selben Tages werden die ersten Brückenelemente angeliefert. Die Brücke wird von der Mitte zu den Seiten hin eingehoben. Es kommt ein Autokran der Firma Schmidbauer mit 135 Tonnen Tragfähigkeit zum Einsatz.
Die ersten Brückenelemente für den Mittelteil sind 30m lang und 55 Tonnen schwer. Danach werden mit einem zweiten Autokran die weiteren Brückenelemente in beide Richtungen bis zu den Rampen eingesetzt. Am Abend des 19.November 1966 sind dies Arbeiten komplett abgeschlossen.
Die Rampe am Oskar-von-Miller-Ring wurde schon ein paar Tage zuvor vorbereitet.
Die Dortmunder Pressestelle von Rheinstahl Union Brückenbau hat uns eine Pressemitteilung zu dieser Aktion überlassen, aus der wir gerne Daten und Fakten zitieren und dieses Bauplan für den Bau dieser Stahlhochbrücke der Von-der-Tann-Straße zum Oskar-von-Miller-Ring über die Ludwigstraße mitgeliefert.
Fortlaufend bauen die Monteure die Brückenteile zusammen, setzen Bolzen und bauen die Anlagen ein, die zu einem sicheren Betrieb einer Brücke nötig sind wie Fahrbahnübergänge, Lagerteile und Halterungen für Lichtmasten. Die Gesamtmontage der Brücke mit 750 Tonnen einschließlich Rahmenstützen nahm 24 Stunden in Anspruch.
Am Sonntag, den 20.November 1966 wurden dann die Rampenanschlüsse mit Stahlbeton-Fertigteilen mit der stählernen Brückenkonstruktion verbunden und die Brücke für den Verkehr freigegeben.
Die Höhe der Brücke reicht gerade mal so für die Trambahn mit ihrer Oberleitung.
Am 8.Juni 1967 berichtet die Süddeutsche Zeitung über die Verlängerung dieser Stahlhochbrücke um ca. 100m, um mit dem Bau des Tunnels des Altstadtrings an der gleichen Stelle beginnen zu können.
Am 13.Juni 1967 berichtet die Süddeutsche Zeitung von der Fertigstellung der Verlängerung dieser Stahlhochbrücke
Der Bestand dieser Stahlhochbrücke war von vorneherein zeitlich genau befristet, denn mit dem Olympischen Spielen als Termin mussten beim U-Bahnbau, dem Bau des Altstadtringtunnels und allen anderen Bauvorhaben der Stadt enge Zeitfenster eingehalten werden. Am 29.Juli 1968 wird diese Stahlhochbrücke abgebaut.
Schon Wochen zuvor, wie hier im folgenden Artikel aus der Süddeutschen zeitung vom 4.Juli 1968, gab es eine große Diskussion, wohin mit der Stahlbrücke: Brudermühlstraße, Frankfurter Ring oder Leonrodplatz?
Am 11.Juli 1968 kauft die Stadt München die Stahlhochbrücke an der Vor-der-Tann-Straße und baut sie im Folgejahr im Verlauf der Dachauerstraße an der Schwere-Reiter-Straße mit einer Fahrbahn Richtung auswärts am Leonrodplatz auf und den zweiten Teil am Frankfurter Ring mit der Kreuzung des Ingolstädterstraße 2-spurig für den Frankfurter Ring. Die Reste werden nach Zürich verkauft.