Die erste Posttrambahn Hauptpostamt I zum Postamt III Bayerstraße
1903 begannen dann Planungen einer elektrischen Posttrambahn für München mit der „ Generaldirektion der Bayerischen Posten und Telegraphen“ für eine 3,6 Km langen Strecke von der Residenzpost zum Bahnpostamt in der Bayerstraße. Dabei gab es verschiedene Einwände. So sei mit Verkehrsstörungen zu rechnen, wenn der König zum seinem Königspavillon am Centralbahnhof zu fahren geruht und von der Posttram gestört werde. Doch der Hofstaat versicherte, dass man sich arrangieren werde und An- und Abfahrten der Königsfamilie rechtzeitig melden würde. Weitere Bedenke waren Zugverspätungen „infolge meteorogischer Wetterereignisse unvorhergesehener Art“ und damit nicht kalkulierbare Verbindungsfahrten.
Bereits 1904 kursierten erste Vertragsentwürfe, die immer wieder korrigier und angepasst wurden. Es wurde durchgestrichen und hinzugefügt und da damals langsam die Schreibmaschine in den Amtsstuben Einzug hielt, können wir auch ein bisserl besser mitlesen.
Der im März 1905 abgeschlossene Vertrag zwischen MTAG und Oberpostdirektion sah vor, dass die MTAG zwar Gleisanschlüsse und deren Elektrifizierung baut, die Kosten aber nur vorsteckt und mit 4% verzinst zurückbekommt. Der Anschluss in der Residenzpost wurde mit 7.000.-Mark veranschlagt (letztlich 4.280.-Mark Kosten), die Baumaßnahmen an der Bayerpost mit 17.000.-Mark (letztlich 28.280.-Mark Kosten). Die neuen Postamts-Anschlüsse wurden am 30.Juni 1905 um 8 Uhr vom
- Regierungsrat Brinz
- Regierungs- und Baurat Berling,
- Oberpostdirektor Gleichmann
- dem Vertreter der Polizei-Direktion H. Hörburger
- Direktor der MTAG H. Dix abgenommen.
Da die MTAG nur bis 1907 vertraglich existierte, der Posttrambahnvertrag aber fristlos war, wurde vereinbart, dass dieser Vertrag automatisch auf die Rechtsnachfolgerin übergeht.
Die Solo-Triebwagen P1.22 ab 1906
Die ersten 3 Post-Trambahn-Triebwagen waren 10 Jahre alte zweiachsige Z-Wagen Baujahr 1895 und 1896 ex Tw 13, 14, (23-28) , die in P 1.22 Triebwagen in den eigenen Werkstätten an der Schäftlarnstraße umgebaut wurden. Sie besaßen in der Mitte ein Rolltor zum Beladen und Entladen. Bei den Umbauten verbreiterte man
die Einstiege, setzte in die Mitte jeder Seitenwand eine mit Jalousien verschließbare Türe und daneben je zwei mit „gestrickten Eisengittern“ gesicherte kleine Fenster. Die restlichen Fenster des Mittelteiles wurden entfernt. Den Innenraum unterteilte man in einen kleineren,
nur von einer Plattform aus zugänglichen Laderaum für Wertstücke, Geld- und Briefbeutel und in einen „Großgepäckraum“ für „Ordinärsendungen“. Die Wagen waren gelb lackiert und trugen ein Schild „Post“ ab beiden Enden. Die Wagen hatten 2 Führerstände.
Diese Wagen blieben im Eigentum der MTAG, wurden aber betrieben von angelerntem Postpersonal. Abgestellt wurden die 3 Solo-Post-Triebwagen im Depot an der Barthstraße. Nach Inbetriebnahme der neuen P 2.8-Posttriebwagen wurden die 3 Posttriebwagen nach dem 22.Juni 1926 in den eigenen Werkstätten in Arbeitswagen umgebaut und 1931 ausgemustert. Die beiden Bilder entstanden auch im Depot an der Barthstraße.
Der Betrieb der ersten Posttrambahn
Im Juni 1905 beginnt die Ausbildung der Postbediensteten zu Wagenführern. Wir kennen die Namen der ersten Posttrambahn-Fahrer:
- Simon Christl
- Georg Grundgeier
- Anton Maurer
- Anton Mayr
- Johann Winkler
Am 9.Juni 1905 kursiert ein ersten Fahrplan-Entwurf über 7 Seiten. Wir zeigen hier mal exemplarisch die Seite 1. Die Königliche Post ist wiederum auf die Königlichen Bahnpost und deren Fahrplan angewiesen und auf die Trambahngesellschaft, die zwischen den Linienwagen im Personenverkehr Lücken für die Posttrambahnwagen finden muss. Das zu koordinieren ist nicht so einfach. Zudem gestalten sich die Ein- und Ausfahrten aus der Residenzpost am Max-Joseph-Platz als ziemlich schwierig.
Das Törring-Palais am Max-Joseph-Platz wurde schon 1849 zur Hauptpost umgebaut und nun plante man den Trambahnanschluss in den sehr kleinen und engen Innenhof. Ein großes Problem stellte das enge Tor der Hauptpost zur Maximilianstraße dar, geht man nach Unfallberichten: mehrmals gingen Scheiben im Fahrerstand zu Bruch, weil in den Torbögen das Stangerl raussprang und der Schaffner nur durch wilde Kraxeleien, da die Seitenleitern durch die nahe Torbogenwand blockiert war, das beheben konnte, wobei auch mal eine Scheibe zu Bruch ging. In diesen Fällen leistete das königliche Posten & Telegraphenamt Schadenersatz. Betriebsanweisung war, dass der Schaffner des Motorwagens diesem zwischen der Abzweigung aus dem Hauptgleis und der Toreinfahrt voranzugehen hat…..“ ebenso wie die Anordnung „zur Sicherstellung eines vorsichtigen Gebrauchs der Peitsche seitens der in den Posthöfen verkehrenden Postillions ergangen ist. Diese Weisung ist den Postillionen wiederholt einzuschärfen wegen der elektrischen Oberleitung.“
Das Einfahrtstor bekommt eine Aussparung für die Oberleitung, dass es trotzdem geschlossen werden konnte Und der König bestand darauf, dass man die Oberleitung so wenig wie möglich sehen möge.
Nicht weniger komplex war neben der Fahrten-Disposition die Diensteinteilungen der Fahrer und der Schaffner. Vereinbart war, dass jeder Wagen einen Wagenführer haben muss und einen Schaffner. Der Schaffner war nebenbei auch an den Start- und Zielpunkten der Lademeister, um schon damals Personal zu sparen.
Das Beladen und Entladen der Wagen war eine gewisse Kunst, denn die Postalien waren oft vorsortiert und mussten in Gruppen zusammenbleiben. Andererseits hatten sich die Wagenausführung mit nur einer Türe zum Be- und Entladen nicht bewährt: es ging viel Zeit verloren, wenn alle Pakete, Päckchen und Postsäcke einzeln ein- und ausgeladen werden müssten.
Die erste Fahrt war dann am 30.August 1905 auf der Strecke von der Hauptpost über den Promenadeplatz, Lenbachplatz, Stachus und durch die Bayerstraße und Centralbahnhof zur Bayerpost. Insgesamt 27 Fahrten wochentags und samstags und am Sonntag 14 Fahrten standen auf dem Fahrplan. Die Trambahngesellschaft bekam für jeden gefahrenen Km 25 Pfennige, für Leerfahrten 15 Pfennige.
Um etwas in der Zeitschiene zu bleiben: im Jahr 1910, also 5 Jahre nach Einführung der elektrischen Posttrambahn und dem Postillonverkehr parallel dazu sowie des zunehmenden Automobilverkehrs, bekommt München ein ganz ungewöhnliches neues Verkehrsmittel, um den Postverkehr zu optimieren: eine Post-U-Bahn.
So erfolgreich der Betrieb der Posttrambahn für die den Postverkehr und die MTAG auch war und stets gut gefüllte Triebwagen zwischen den Postämtern pendelten, so gab es auch sehr viele Schwierigkeiten. Insbesondere die Rangierfahrten in die Postämter und aus den Postämtern waren schwierig. Sie kreuzten den planmäßigen Trambahnverkehr, da über Wechselgleise die richtige Fahrrichtung erreicht werden mussten und bei den verschiedenen Linien, die einerseits durch die belebte Bayerstraße in Bahnhofsnähe fuhren und die Maximilianstraße mit erhöhtem Verkehrsaufkommen, kam es auch zu Unfällen, oft aber zu Verzögerungen und Behinderungen. Die Polizeiberichte aus dieser Zeit sind voll von Beschreibungen unachtsamer Fahrer, unaufmerksamer Schaffner und es gibt viele Rundschreiben, die mehrmals auf die Gefahrensituationen hinweisen. Damals musste durch Polizeianweisung der Schaffner mit einer roten Fahne vorausgehen bei der Ausfahrt aus den Posthöfen.
Quartalsmäßig gingen die genauen Kilometerabrechnungen an die Postbezirkskasse, um die angefallenen Beträge an die Stadt München zu überweisen.
Seit der Einführung der Posttrambahn hat sich der Postverkehr vervielfacht. Der größte Teil der Postbeförderung fand immer noch mit ein- und zweispännigen Postillion-Wagen statt. Das erschien Anfang des 20. Jahrhunderts als nicht mehr zeitgemäß. Es war vermutlich nicht die Posttrambahn, die eine große Konkurrenz zu den Pferdegespannen wurden, sondern die beginnende Motorisierung im Postverkehr: immer mehr Motorwagen wurden von der Post angeschafft, sie waren schneller und wendiger und hatten eine größere Reichweite und waren pflegeleichter. Einige der Motorwagen damals auch elektrisch angetrieben.
Eine colorierte Postkarte vom Lenbachplatz zeigt den Posttrambahn-Triebwagen Nummer 3 auf seinem Weg von der Bayerpost zur Hauptpost vor dem Wittelsbacherbrunnen zur Einfahrt vom Lenbachplatz und die Pfandhausstraße, die erst 1951 in Pacellistraße umbenannt wurde, zum Promenadeplatz.
Am 31.März 1922 fuhren die Postillons zu ihrer letzten Dienstfahrt aus und er war ein kleines Ereignis, als 22 Jahre nach der letzten Pferdebahn auch die letzten Poströsser von den Straßen München verschwanden.
Hier sie durchaus ein Vergleich mit den heutigen Paketdiensten gestattet, die auch hochbepackt in engen Zeitfolgen durch Münchens Straßen fahren und Pakete verteilen. Allerdings waren die Voraussetzungen damals anders: es gab keinen Online-Handel, allerdings konnte man mit Bestellkarten oder telefonisch schon Dinge bestellen und sich liefern lassen. Ein Großteil des Paketverkehrs war aber der Austausch zwischen den Familien, denn man konnte noch nicht so ungehindert reisen und so verschickte man viele Dinge, die dann bei der Post mit ihrem Beförderungsmonopol landeten. Mit dem Ende der Postillons läutet sich auch die neue Zeit einer massiven Erweiterung der Posttrambahn ein.